Nach einer OSINT-Untersuchung stellt das internationale Freiwilligen-Team von InformNapalm neue Fakten der Beteiligung von Einheiten der russischen Streitkräfte an den Kampfhandlungen im Donbass vor. Eine umfangreiche Datenbank bisher untersuchter Vorfälle befindet sich hier. Der folgende Artikel umfasst Informationen zur „ukrainischen Dienstreise“ einer Einheit der 18. selbständigen motorisierten Schützenbrigade (Einheit Nr. 27777, Chankala und Malinowskaja, Tschetschenien) der 58. Armee des Heeres des Militärbezirks Süd der Russischen Föderation. Insbesondere geht es um Nachweise von drei Dienstreisen eines Militärangehörigen der besagten Einheit, welche bereits früher im Fokus unserer Untersuchungen stand.
Roman Leonidowtisch Rewer, im sozialen Netztwerk „VKontakte“ als Roman Rewera registriert (archiviertes Profil, archiviertes Fotoalbum, archivierte Kontaktliste), später in Instagram – revejra (archiviertes Profil), wurde Einträgen und Fotos zufolge am 18. April 1991 in Wladikawkas, Nord-Ossetien geboren. Er hat bei den Truppen des Innenministeriums der russischen Föderation gedient.
R. Rewer ist seit 2014 Militärangehöriger der 18. selbständigen motorisierten Schützenbrigade aus Tschetschenien. Zunächst diente er in einer Artillerieeinheit, welche die 2S3 Panzerhaubitze „Akazija“ führte. Von 2015 an in einem Aufklärungsbataillon der gleichen Brigade. Es ist bekannt, dass es in diesem Bataillon viele vakante Stellen gibt: Viele aus dem Donbass zurückkehrende Zeitsoldaten kündigen ihre Dienstverträge und in der Ukraine Getötete werden verleugnet. So wie es mit Denis Chusainow geschah, dessen Todesdatum verschoben wurde, damit er als Kämpfer der „Luhansker Volksrepublik“ („LVR“) durchgehen kann. Wir haben über diesen Vorfall und Putins Selfie-Krieger ausführlich im Juli berichtet.
Die erste Dienstreise von Roman Rewer fand im Sommer bzw. Herbst 2014 statt, auf dem Höhepunkt der Kampfhandlungen, als die russischen Kommandeure erkannten, dass die ukrainischen Truppen die Oberhand gewannen, während die Marionetten Russlands auf dem Rückzug waren. Genau da entschied man sich zu einer direkten Aggression: Ukrainische Truppen, die auf die Staatsgrenze zuhielten, wurden von russischem Territorium aus mittels Artillerie beschossen und man schickte starke Kampfgruppen der russischen Streitkräfte in den Donbass.
Anmerkung: Unter den aufgeführten Aufnahmen ist insbesondere eine mit einer fahrenden Kolonne 2S3 „Akazija“ Panzerhaubitzen hervorzuheben. Dort ist ein Fahrzeug mit der roten Nummer 623 zu sehen. Zur Erinnerung, im Artikel „Putins Eleven“: Selfie-Aufklärer der 18. SMSBr im Donbass“ vom Juli 2015 hat InformNapalm Aufnahmen von T-72B Panzern der 18. selbst. mot. Schützenbrigade demonstriert, welche mit roten Nummern gekennzeichnet waren. Dreistellige rote Nummern an Panzern, Panzerhaubitzen und anderen Militärfahrzeugen wurden bis vor kurzem bei der 18. Brigade verwendet. Um diese Beobachtung zu stützen, sollen Aufnahmen aus einem russischen Blog („twower“) vom 14. Oktober 2011 gezeigt werden: Man sieht dort einige Aufnahmen von Fahrzeugen dieser Einheit mit dreistelligen roten Nummern. Unseren Informationen nach wurden die T-72B und ein Teil der 2S3 Panzerhaubitzen im Lauf des Umstiegs auf T-72B3 und 2S19 „Msta“ Panzerhaubitzen als Reserve in der Region Krasnodar eingelagert (Anm. d. Übers.: Die Stadt Krasnodar liegt im Südwesten Russlands in direkter Nähe zur Krim, während die Einheit selbst wie schon erwähnt in Tschetschenien stationiert ist). Wenn man weiterdenkt, ergibt sich als mögliche Erklärung, dass die „ausgemusterten“ kampfbereiten Panzer und Haubitzen zielgerichtet und vorausplanend näher zur Ukraine gebracht worden sind, um später im Donbass eingesetzt werden zu können.
Die zweite Dienstreise von Roman Rewer begann nach einer fünfmonatigen Pause von November 2014 bis März 2015. Anscheinend hatte Rewer die Routine sowie das Leben in der geschlossenen tschetschenischen Garnison satt und es lockten gleichzeitig hohen Zulagen beim Einsatz als „freiwilliger“ Aufklärer bei einer erneuten Eskalation im Donbass bei Debalzewe. Dort setzte das russische Kommando Kampfgruppen aus dem Raum Rostow ein, um die Situation gewaltsam zu eigenen Gunsten zu beeinflussen. Als Folge dieses zweiten Einsatzes wurde R. Rewer auf Befehl des Kommandeurs der 18. Schützenbrigade vom 17. Februar 2015 mit einer tröstenden „Marschall-Schukow“-Medaille ausgezeichnet.
Im Mai 2015 kehrte R. Rewer aus dem Donbass zurück, um Urlaub am Meer zu machen und sich im heimischen Wladikawkas zu erholen. Nach erfolgreicher Erholung hielt er sich allerdings nur knapp zwei Monate in der Garnison der 18. Schützenbrigade in Tschetschenien auf.
Die dritte Dienstreise von Roman Rewer nahm im August 2015 ihren Lauf, als ein weiteres Mal eine kombinierte Einheit aus der 18. Brigade in den Donbass verlegt wurde. Dort verwandelte sie sich im Handumdrehen von einer offiziell russischen Einheit zu „Widerstandskämpfern von Neurussland“. Die letzten Fotos bei Instagram tragen die Geotags „Städtische Polizei der LVR in Krasnyj Lutsch“ und „Medizinische Lehranstalt von Horliwka“.
Von den anderen interessanten Fotos und Kontakten des Zeitsoldaten der 18. Schützenbrigade R. Rewer können folgende hervorgehoben werden:
• Ein Bild mit dem Geländewagen Mitsubishi L200 ausgestattet mit einem schweren Maschinengewehr „Utjos“, welches schon früher bei unseren Untersuchungen aufgetaucht ist. Dazu gehört auch ein Artikel vom Juni 2015 „Wie Pawel Gubarew die 18. Gardebrigade auffliegen ließ“:
• Ebenso sollte ein Kampfgefährte von R. Rewer, nämlich der Ossetier Azamas Sawlochow erwähnt werden, welcher oft auf den Instagram-Fotos unseres Protagonisten markiert ist. Dies gilt auch für das Foto mit „Pawel Gubarews Jeep“. A. Sawlochow hatte weniger Glück als Rewer, denn nach seinem letzten Abenteuer im Donbass ist er ein einsamer Invalide, wie ein Spendenaufruf auf der Seite eines anderen ossetischen Terroristen und Kämpfers der Gruppe „Sinn der Zeit“ Alan Mamijew zeigt.
Abschließend wollen wir anmerken, dass R. Rewer die Liebe in Donezk gefunden hat: Seine Herzensdame heißt Ilona Sender. Damit wird ein weiteres Mal sein Aufenthaltsort bestätigt. [Anm. d. Übers.: Auf den folgenden Fotos sind eindeutige Zuneigungsbekundungen enthalten]
Zur Auskunft: Die 18. selbständige motorisierte Schützenbrigade wurde Ende 2008 im Lauf einer Reform der Streitkräfte und Restrukturierung aus Einheiten der ehemaligen 42. motorisierten Schützenbrigade gegründet. Stützpunkte waren [und sind] die Orte Chankala und Kalinowskaja in Tschetschenien. Die neugeschaffene Gruppierung ist eine der schlagkräftigsten im Heer der russischen Streitkräfte. Die Brigade hat eine komplette Umstellung auf neue und modernisierte Waffen- und andere Systeme durchlaufen. In der 18. Brigade gibt es u.a. ein sogenanntes nationales Bataillon, welches aus Nordkaukasiern besteht, die großteils ehemalige Widerstandskämpfer sind. Diese waren im Rahmen einer Amnestie begnadigt worden und dienten in Truppen von Kadyrow und Jamadajew. Einheiten der Brigade (bzw. Division) nahmen an der russischen Aggression gegenüber Georgien im August 2008 teil. Darüberhinaus war die 18. mot. Schützenbrigade, d.h. ihr „tschetschenisches Bataillon“ mehrfach Gegenstand von Untersuchungen im Kontext ihrer „ukrainischen Dienstreise“ u.a. auch bei InformNapalm, siehe folgende Links:
• „Eine Einführung in die sogenannten „wilden“ oder nationalen Bataillone der russischen Streitkräfte, die in der Ukraine kämpfen“ (englisch);
• „Über die russische Spur und „Grad“ aus heiterem Himmel“ (deutsch);
•„Panzer der 18. selbstständigen motorisierten Schützenbrigade aus Tschetschenien in der Ukraine“ (deutsch);
• „Wie Pawel Gubarew die 18. Gardenbrigade auffliegen ließ…“ (deutsch);
• „Putins Eleven“: Selfie-Aufklärer der 18. SMSBr im Donbass“ (deutsch).
Dieses Material wurde von Victory Krm und Irakli Komaxidze exklusiv für InformNapalm vorbereitet; übersetzt von Viktor Duke. Beim Nachdruck und Verwenden des Materials ist ein Hinweis auf unsere Ressource erforderlich. Verbreitung unter Creative-Commons-Lizenz.
10 Responses to “Drei Dienstreisen der 18. Brigade in den Donbass: Cherchez la femme”
24/01/2016
Das Motto der 66. Nachrichtenbrigade russischer Streitkräfte: "Bin kein Feigling, habe aber Angst" - InformNapalm.org (Deutsch)[…] Gebäude haben wir wegen unserer früheren Untersuchung erkannt, in der ein Militärangehöriger der 18. selbständigen motorisierten Schützenbrigade aus […]
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02/10/2016
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07/10/2016
"Figaro": Ein Feldwebel der russischen 28. Brigade im Donbass - InformNapalm.org (Deutsch)[…] Militärbezirk: 19. selbstständige motorisierte Schützenbrigade (Wladikawkas, Nordossetien), 18. SMSBr (Kalinowskaja, Tschetschenien), 136. SMSBr (Bujnaksk, Dagestan), Militärbasis Nr. 7: 1 und 2 […]
13/11/2016
Wie die Liebe eine Donbass-Dienstreise der 34. SMSBr auffliegen liess... - InformNapalm.org (Deutsch)[…] P.S. Das ist nicht die erste love story zwischen einem russischen Besatzer und einer Einwohnerin von Donbass: Im Oktober 2015 veröffentlichte InformNapalm eine Publikation über einen russischen Feldwebel namens Roman Rewer aus der 18. selbstständigen motorisierten Schützenbrigade (ME 27777, Stationierungsort: Chankala und Kalinowskaja, Tschetschenien; 58. Armee des Heeres des südlichen Militärbezirks Russlands) und seiner Freundin aus Donezk namens Ilona Sender (s. Drei Dienstreisen der 18. Brigade in den Donbass: Cherchez la femme) […]
28/11/2016
InformNapalm zum Bericht der ukrainischen Staatsanwaltschaft über russische Truppenverbände auf der Krim - InformNapalm.org (Deutsch)[…] Einige Militärangehörige dieses Truppenverbands haben nicht nur auf der Krim, sondern auch im Donbass ihre Spuren hinterlassen, wohin sie gleich mehrere „Dienstreisen“ machten. […]
29/11/2016
Russischer Aufklärer der 7. Militärbasis, enttarnt von einem Bullterrier aus Horliwka - InformNapalm.org (Deutsch)[…] "Drei Dienstreisen der 18. Brigade in den Donbass: Cherchez la femme", vom 19.10.2015 […]
13/12/2016
Ein Offizier der 18.Brigade der Streitkräfte Russlands im Donbass - InformNapalm.org (Deutsch)[…] „Drei Dienstreisen der 18. Brigade in den Donbass: Cherchez la femme“, vom 19.10.2015 […]
20/06/2017
Ein Zeitsoldat der 291. Artilleriebrigade russischer SK im Dienst bei den "neurussischen" IBFs - InformNapalm.org (Deutsch)[…] (Einheit 16544, Dorf Borsoj, Tschetschenien), 17. SMSBr (Einheit 65384, Schali, Tschetschenien), 18. SMSBr (Kalinowskaja, Tschetschenien), 136. SMSBr (Bujnaksk, Dagestan), 205. SMSBr (Budennowsk, Gebiet […]
25/10/2018
Die russische Satellitenstation R-441-OW "Liwenj" im besetzten Donezk - InformNapalm (Deutsch)[…] von zumindest vier Abteilungen regulärer russischer Streitkräfte registriert: die 18. SMSBr ( 1, 2 ), die 66. Nachrichtenbrigade, die 33. SMSBr und – wie die neuen Beweise belegen – […]