
Im Laufe einer OSINT- und HUMINT-Untersuchung ist InformNapalm auf die Spur einer geheimen Fracht gekommen, die unter äußerst geheimnisvollen Umständen aus Syrien auf die Krim geliefert wurde. Mit der Entladung der Fracht waren russische Militärangehörige beauftragt und sie fand unter Bedingungen erhöhter Geheimhaltung statt. In diesem Teil geht es um Steueroasen und Geschäftsinteressen.
Über die Art der Fracht und Schlussfolgerungen aus der Untersuchung können Sie im 1. Teil unseres Berichtes nachlesen: Geheime Fracht aus Syrien auf die Krim: Was brachte die Nadalina? Teil 1
Der 2. Teil der Untersuchung wird dem Besitzer des Schiffes, das die Fracht aus Syrien befördert hat, gewidmet.
Das Frachtschiff Nadalina (IMO:8215754) gehört der Offshore-Firma Bia Shipping Co Ltd. (Marshallinseln, 2010) mit dem Hauptsitz in Constanza (Rumänien) und wird von dieser Firma bedient. Diese Firma gehört zum Familiengeschäft syrischer Unternehmer, die aus einer Vorstadt von Tartus kommen. Die Firma Bia Shipping Co. ist ein offizieller Partner der Firma Johar Shipping, angemeldet in Constanza (Rumänien), die von der Syrischen Familie Johar (Dschohar) kontrolliert wird. Ihr Inhaber ist Hassan Johar, geboren in 1981. Die Familie Johar ist in Syrien, Rumänien und Großbritannien wohnhaft.
Obwohl Johar offiziell kein Inhaber der Firma Bia Shipping Co Ltd. ist, kontrolliert er die Firma gänzlich und ist ein Zeichnungsberechtigter. Drei Schlüsselpositionen bei der Firma werden von Adnan Hassan (Geschäftsführer), Johar Hassan (Leiter der Operationsabteilung) und Ferhad Hassan (Schiffversorgungsagent) besetzt.
Nadalina
Die Analyse sozialer Netzwerke weist darauf hin, dass das Schiff Nadalina von Samir Fahel betreut wird. Seine Fotos belegen einen Großteil aller Publikationen auf der Facebook-Seite. Das Schiff Nadalina wurde offensichtlich nach der Enkelin Nadalina Fahel genannt (die Schiffe der Firmen werden in der Regel nach einer der Töchter eines Familienmitglieds genannt).
Am 18. Oktober veröffentlichte Samir Fotos von Nadalina im Dock des Hafens in Navodari (Rumänien), wo das Schiff überholt wurde. Fotos des Schiffes wurden auch oft von Samirs Sohn Amin veröffentlicht. Bedient wird Nadalina von der Firma RUAD Marina Service, bei der Mitglieder der Familie Fahel unter der Leitung von Rami Mustafa arbeiten.
Die Verbindung zwischen Familien Fahel und Johar wird in der Grafik offensichtlich – Amin hat einen Bruder Mahmud Hassan, was die Verwandtschaftsbeziehung zweier Familien bestätigt.
Es gibt verschiedene Schreibweisen des Namens Johar, die in den Firmennamen verwendet werden: Johar/Jaohar/Jawhar
Haled Johar ist Hassan Johars Cousin. Er lebt in London und ist der Inhaber der Firma Johar UK. Eine Filiale des Unternehmens ist unter anderem in Constanza und Beirut tätig. Johar Hassans Partner ist Abdallah Allouf, der Vorstandsvorsitzende des ägyptischen Unternehmens Misr Unimarine und Allouf Safety Syria (Tartus) und Präsident der syrischen Dameko Shipping Company S.A. (PO Box 726, c/o Unimarine Management Co, al-Mina Street,Tartous, Syria). Mithilfe seiner Verbindungen im syrischen Transportministerium bekam Allouf Sicherheitszertifikate, die für den illegalen Transport syrischer Migranten in die Türkei und nach Europa verwendet wurden.
Hassan Johar besitzt auch das Unternehmen Shnar Shipping Srl, angemeldet in der rumänischen Constanza. Co-Inhaber der Firma sind Adnan Hassan, Ferhad Hassan und Abdul Rahman Hassan. Die juristischen Adressen der Firmen Shnar Shipping Srl und Johar Shipping in Constanza sind identisch.
Abdul Rahman Hassan (53 Jahre alt) wurde 2014 für den Schmuggel von 40,44 Tausend Zigaretten aus der Türkei nach Rumänien mit dem Schiff Rania H, auf dem er Kapitän war, verhaftet (im Oktober 2015 zu 3 Jahren und 8 Monaten Haft verurteilt). In Bezug auf den festgestellten und bewiesenen Vorfall des Transports zweier syrischer Kurden auf das Territorium Rumäniens, warf der Staatsanwalt von Constanza Abdul Rahman Hassan auch Menschenhandel vor.
Die Analyse sozialer Netzwerke der Familie Hassan-Fahel lässt den Rückschluss zu, dass sie apolitisch sind und keine langfristigen Beziehungen zur Russischen Föderation haben. Die Familienmitglieder gehören zwar zu den Anhängern von Assad-Regime, äußern aber keine politischen Ansichten öffentlich.
Wenn man zugleich die Stufe der Spionageabwehrmaßnahmen in Tartus in Betracht zieht, erfordert die Durchführung von Fahrten aus diesem Hafen und die Annahme der Aufträge für die Lieferung/Abtransport von Gütern auf das Territorium der Krimhalbinsel mit hoher Wahrscheinlichkeit das Vorhandensein guter Beziehungen mit den syrischen Geheimdiensten oder Verbindungen zur höchsten militärisch-politischen Führung in Damaskus und Geheimdiensten der Russischen Föderation. Solche Verbindungen/Beziehungen tragen wahrscheinlich einen Geschäftscharakter.
Die Wahl der Nadalina für den Gütertransport liegt vor allem an der Spezialisierung der Gruppe der Schiffsbesitzer auf hochriskanten Operationen und ihrer Stationierung in Tartus und Verbindungen mit der offiziellen Regierung Syriens. Zum heutigen Zeitpunkt, bedient Johar Schiffe, die mit illegalen Tätigkeiten in Verbindung gebracht werden. So haben die Schiffe seines Unternehmens (in der Grafik rot markiert) regelmäßig die Sanktionspolitik der EU gebrochen, indem sie die Häfen der okkupierten Krimhalbinsel ansteuerten.
Am 1-8. Oktober 2014 befand sich das rumänische Güterschiff ADNAN H im Hafen von Feodossija beim Beladen von Metallschrott. Auch zuvor hatte das Güterschiff die Sanktionen gebrochen und Häfen von Krim angelaufen. Weitere 3 Schiffe von Bia Shipping verletzten die Sanktionen und liefen die Häfen von Krim zwischen Juli und September 2014 an: Güterschiff Nargys H, IMO 9030333, Güterschiff Anda, IMO 8027638, Güterschiff Sherin, IMO 8003943. Alle 4 Schiffe gehören der Firma Bia Shipping und werden von ihr bedient.
Die Analyse des Seeverkehrs zwischen dem 20. und 26. Oktober stellte fest, dass der Gütertransport durch die Schwestergesellschaften von Johar in Richtung der besetzten Krim in Umgehung europäischer Sanktionen einen regelmäßigen Charakter trug.
Die Routen der Schiffe von Bia Shipping Co Ltd. deuten also auf ihre regelmäßige Benutzung für Güterlieferungen in und von der okkupierten Krim hin.
Johar nahm schon vor einiger Zeit direkt oder indirekt an illegalen Transporten teil. Er hat zweimal Schiffe verkauft, die nach dem Wechsel des Eigentümers für Waffenschmuggel verwendet wurden. 2012 wurde das Schiff Letfallah II an Mohammad Khafaji, den Inhaber von Khafaji Shipping Co, angemeldet in Honduras, verkauft. Khafaji ist das einzige Mitglied der Geschäftsgruppe, der aktiv mit dem Tod syrischer Migranten verbundene Beiträge veröffentlicht und mit ihnen in dieser Frage äußerst mitfühlt.
Das Schiff Letfallah II wurde von ISM Group Ltd. bedient. Nach dem Abfangen durch die Libanesische Marine wurden am Bord des Schiffes drei Container mit Waffen gefunden, die von Libyen nach Syrien geliefert werden sollten.
Es gibt Gründe, die Verbindung zwischen Johar Shipping und der syrischen ISM Group Ltd (Abdullah Yahia Building, BP 83, ath-Thawra Street, Tartous, Syria) zu untersuchen. Zwei Schiffe des letzteren Unternehmens – Mega Star und Hiba K (umgetauft in “Rasha D”) – wurden 2013 des Waffenschmuggels beschuldigt. ISM Group Ltd. bot auch Leistungen an, die die Registrierung der Schiffe mit der Flagge von Sierra Leone (die Flagge des Schiffs Nadalina) in Tartus vereinfachen sollten. Die Flaggen von Sierra Leone und Togo werden aktiv auf den Schiffen von Johar Gruppe benutzt.
Details zur geheimen Fracht, die am 20. Oktober 2016 gegen 13:00 im Hafen von Feodossia aus Tartus (Syrien) mit einem Zwischenstopp in Navodari (Rumänien) angekommen ist, finden Sie im ersten Teil der Untersuchung: Geheime Fracht aus Syrien auf die Krim: Was brachte die Nadalina? Teil 1
Basierend auf dieser Information, inklusive der Information im ersten Teil der Untersuchung, kann man folgendes behaupten:
- Das Sanktionsregime hinsichtlich der besetzten Krim wird regelmässig durch Schiffe verletzt, die einen Bezug zu Firmen von Hassan Johar haben.
- Es besteht eine Verbindung zwischen den Firmen von Hassan Johar und dem Waffenschmuggel und Transport von illegalen Migranten aus Syrien und der Türkei nach Europa.
- Es besteht eine Verbindung zwischen Johars Firmen und den syrischen Geheimdiensten (oder auch Regierungsbehörden) und den Geheimdiensten Russlands.
- Es gibt Anzeichen für die Ausfuhr von Massenvernichtungswaffen aus Syrien auf die von den Russen besetzte Krim.
Dieses Material wurde von Kateryna Jaresko, Dmitry K. und Anatolii Baronin exklusiv für InformNapalm vorbereitet; übersetzt von Volodymyr Cernenko; editiert von Irina Schlegel. Beim Nachdruck und Verwenden des Materials ist ein Hinweis auf unsere Ressource erforderlich.
(Creative Commons — Attribution 4.0 International — CC BY 4.0 )
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One Response to “Geheime Fracht aus Syrien auf die Krim: Steueroasen und Waffenhandel. Teil 2”
24/11/2016
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