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„KrimUnser!“, oder noch einmal über die historische Gerechtigkeit

on 09/03/2015 | 7 Comments | Aktuell | Expertenmeinungen | Gesellschaft Print This Post Print This Post
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Hier, in diesen Spalten des Meeres und Landes,
der menschlichen Kulturen trocknete der Schimmel nie aus –
die Weite der Jahrhunderte war fürs Leben zu eng,
Bevor wir – Russland- gekommen sind.
Zerstampft haben wir das moslemische Paradies,
vernichteten den Wald, plünderten die Ruinen,
beraubten, verwüsteten das Land.
Verwaist klaffen nun die Hütten
und auf den Hängen sind die Gärten ausgerottet.
Das Volk ging weg. Die Quellen sind versiegt.
Kein Fisch im Meer. Kein Wasser in den Springbrunnen.
Aber das traurige Antlitz der erstarrten Maske
geht zu den Hügeln des Landes Homers,
und pathetisch nackt
sind sein Rücken, seine Muskeln, seine Adern.
Maximilian Woloschin (1926).

Was die Krim in ihrer jahrhundertealten Geschichte nicht alles erlebt hat! Was für Besatzer auf ihrer Erde auftraten. Auf der Krim waren die Griechen, Skythen, Genuesen, Bulgaren, Türken, Armenier und viele, viele andere. Die Krim kannte alle Religionen und hat alle Zivilisationen gesehen. In vielen Kriegen ist es nicht gelungen, die einzigartige Vielfältigkeit der Kulturen und die wunderbar urwüchsige Natur dieser herrlichen Ecke der Erde auszulöschen.

Die Krim hätte sicher eine vollständige kulturelle und politische Autonomie verdient. Aber durch eine Schicksalsfügung ist die Halbinsel geographisch mit dem Territorium verbunden, das nun zur modernen Ukraine gehört.

Übrigens, nicht alle wissen, dass die Geschichte der Krim mit der Geschichte der Kyiwer Rus (einem Vorgängerstaat der Ukraine) auch die Annahme des Christentums vereint, wobei die Stadt Chersonesos (das spätere Sewastopol) eine nicht unbedeutende Rolle spielte, weil dort im Jahre 988 der Großfürst Wolodymyr den Taufakt vollführte. Ich erinnere daran, dass von damals bis zur Blütezeit des Großen Moskauer Fürstentums (der Basis des modernen Russlands) noch etliche Jahrhunderte lagen…

Zu sagen, dass die Krim nun schwere Zeiten durchlebt – das ist nichts zu sagen. Die Krim ist zurzeit ein temporär okkupiertes Territorium, das alle Strapazen eines Besatzungsregimes erlebt, obwohl in der Kremlpropaganda verstärkt der Mythos aufgebauscht wird, die Krim sei in ihre „historische Heimat“ zurückgekehrt, da sie urrussische Erde sei. Auf diesem Mythos baut sich die ganze Logik der modernen Geopolitik Russlands auf, obwohl es rein gar nichts mit den historischen Realitäten zu tun hat.

Ein Blick in die Geschichte

Zum ersten Mal wurde die Krim im Jahr 1783 Teil des russischen Imperiums (just des Imperiums, und nicht Russlands als dem Land, das den ethnischen Russen gehörte) infolge einer Annexion nach dem Sieg Russlands über das Osmanische Imperium. Ungefähr zur gleichen Zeit (ca. 1793), nach dem Sieg über die Rzeczpospolita, hat das Russische Imperium auch die rechtsufrige Ukraine (die jetzigen Gebiete Kyjiw, Schytomyr, Winnyzja, Tscherkassy und Kirowohrad Gebiete) annektiert.

Was dieses Territorium der Zentralukraine angeht, so ruft seine ureigene ukrainische Zugehörigkeit nicht mal bei dem berüchtigten Schirinowski irgendwelche Zweifel hervor. Daraus folgt, dass es genau so viele Gründe gibt, die Krim als russisch zu bezeichnen, wie die rechtsufrige Ukraine. Oder man kann mit dem gleichen Erfolg zum Beispiel Georgien als russisch bezeichnen, das durch das Russische Imperium etwas später, 1801, annektiert wurde.

Ein Imperium ist bekanntermaßen ein Konglomerat von Ländern und Territorien. Welchem Teil des Russischen Imperiums die Krim angeschlossen wurde – diese Frage stand gar nicht im Raum, denn die administrativen Grenzen innerhalb des Imperiums hatten keinerlei Bedeutung. Nach Logik der Dinge müsste die Halbinsel dem Teil des Festlands angehören, mit der sie geographisch verbunden ist. Genau so war es während der Zeit des Krimer Khanats, zu dem ein Teil des Festlandes gehörte (die Schwarzmeerküste des heutigen Festlands der Ukraine).

noch

Chersones

In Bezug auf die Krim wurde in Russland schon immer eine Politik ausgeführt, die man nicht anders als erzkolonial bezeichnen kann. Bei niemandem sollten Zweifel in der Bewertung der wahren Motive der Krim-Politik des Russischen Imperiums bleiben. Noch ein halbes Jahrhundert vor der Annexion, im Jahre 1736, hatte das russische Heer mit dem Feldmarschall Christopher Minich an der Spitze Bachtschyssaraj niedergebrannt und die Vorgebirgskrim verwüstet. Nach der Annexion der Krim 1783 haben in weniger als 50 Jahren ca. 500 000 Flüchtlinge die Halbinsel verlassen, hauptsächlich Krimtataren, die zu dem Zeitpunkt die Mehrheit ihrer Bevölkerung ausmachten.

Wenden wir uns nochmal an Wikipedia: „Nach Angaben der Forscher F.Laschkow und K.German vom Ende 19. Jahrhunderts betrug die Bevölkerung des Halbinselteils des Krimer Khanats zum Jahr 1770 etwa 500 000 Menschen, 92% davon waren Krimtataren. Die erste russische Volkszählung hat aber 1793 nur 127 800 Menschen registriert, darunter 87,8% Krimtataren.“

Somit schrumpfte die Bevölkerung der Halbinsel infolge der Kolonialpolitik bereits in den ersten zwei Jahrzehnten fast auf ein Viertel, hauptsächlich durch die Emigration der Krimtataren. Nicht weniger massenhaft war auch die Flüchtlingswelle aus der Krim in den Jahren 1850-60, nach dem Ende des Krim-Krieges – damals sind nochmals etwa 200 000 Krimtataren emigriert.

Das führte zum Verfall der Landwirtschaft und zur fast völligen Verödung des Steppenteils der Krim. Außer dem Abdrängen der Urbevölkerung aus der Halbinsel verübte die russische Politik auch einen offensichtlichen Genozid, nimmt man doch als Beispiel nur den Fall der Ertränkung von 10 000 Krimtataren nach einem Befehl von Katharina der Großen, worüber der polnisch-amerikanischer Wissenschaftler Rafael Lemkin schrieb, der Autor des Begriffs „Genozid“.

Die Krise des Russischen Imperiums, die durch den Ersten Weltkrieg hervorgerufen wurde, führte zu seinem Zerfall. Infolgedessen hat sich im Juni 1917 ein unabhängiger Staat – die Ukrainische Volksrepublik (UVR) – gebildet, in dessen Zusammensetzung fast das komplette Territorium der Krim einging (von November 1917 bis Januar 1918 war die Krim eine selbstständige Krimer Volksrepublik). Der junge ukrainische Staat existierte nicht lange, nur bis 1920, bis die Streitkräfte der UVR durch die Rote Armee zerschlagen wurden.

Die Bildung der Sowjetunion im Jahre 1922 wurde in Wirklichkeit zu einer Restauration des Russischen Imperiums, nur diesmal unter der Führung der Bolschewiken. Die Krim hat damals eine Autonomie bekommen, aber nicht als Teil der Ukraine sondern als Teil der Russischen Sowjetischen Föderativen Sozialistischen Republik. Inwieweit diese Entscheidung Stalins „gerecht“ war, denn die Grenzen wurden überall ziemlich willkürlich gezogen – das ist eine andere Frage.

Möglicherweise wurde dies absichtlich gemacht, um die Ukraine zahm zu halten und ihren Austritt aus der UdSSR zu verhindern. Denn das Risiko, die Ukraine als Unionsrepublik zu verlieren, war sehr groß. In jedem Fall kann man den Genozid des ukrainischen Volkes von 1932-33, der als Holodomor bekannt ist, in derselben Reihe der Maßnahmen der Zähmung des stärksten und reichsten Teils der Sowjetunion betrachten, den die Ukraine darstellte.

Der Bezug zur Krim hat sich in der sowjetischen Periode der Geschichte durch nichts von der Kolonialpolitik des Zarismus unterschieden, wenn es nicht noch schlechter gewesen ist. Da gab es den Roten Terror von 1917-21, wie auch die Deportation von fast 200 000 Krimtataren im Mai 1944 (ebenso die Deportation anderer Völker der Krim: Bulgaren, Griechen, und auch der Krimdeutschen), in deren Folge fast die Hälfte von ihnen auf dem Weg oder später an den neuen Siedlungsorten aufgrund der unmenschlichen Lebensbedingungen gestorben ist.

Den Abschluss dieser Aktion bildete der Entzug der Autonomie der Krim 1946 und ihre Umwandlung in ein „Gebiet Krim“, was den endgültigen „Sieg“ des Imperiums über seine eigene Provinz besiegelte.

Der Mythos über die russische Krim

Dies sind die Hauptmarksteine der Geschichte der russischen Herrschaft über der Halbinsel Krim, deren Folge nicht nur die Vertreibung und Vernichtung der Urbevölkerung war, sondern auch die Verödung einer ganzen Region, die von den Hauptkommunikationswegen auf dem Festland abgeschnitten wurde und jenen Teil ihrer Bevölkerung verlor, der mit seiner Arbeit die landwirtschaftliche Erzeugung aufrecht erhalten hatte. Wir sehen, dass der Mythos über die „ureigene russische“ Krim keiner Kritik standhält. Mit seinen Territorien geht man nicht so barbarisch um, so ein Verhältnis zu den eigenen Kolonien gab es auch in weniger zivilisierten Imperien als Russland nicht. Darum ist die „Rückkehr der Krim nach Hause“, wie es die Kremlpropaganda darstellt, nichts anderes als eine Restaurierung ihres kolonialen Status, was mit so einer Augenfälligkeit bestätigt wird, dass es hier gar keiner weiteren Kommentare bedarf.

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Was das „russische Sewastopol“ angeht, ein scheinbar unumstrittenes Symbol für die russische Anwesenheit auf der Krim, so muss man anerkennen, dass verschiedene Vertreter des Russischen Imperiums ihren Beitrag zum Anwachsen des Ruhms von Sewastopol geleistet haben: Russen, Ukrainer, Tataren, Menschen anderer Nationalitäten. Aber Russland ist es eigen, sich die Verdienste anderer anzumaßen, wie man es jetzt auch an den Spekulationen mit der Geschichte des Zweiten Weltkrieges beobachten kann, der angeblich „nur von Russen“ gewonnen wurde.

Die Entscheidung über die Übergabe der Krim an die Ukrainische SSR, die 1954 getroffen wurde – das war kein „Geschenk“ Russlands an die Ukraine gewesen, denn ihre „ureigene Zugehörigkeit“ zu Russland ist äußerst umstritten. Dies war ein zweckdienlicher Schritt, in dessen Folge sehr progressive Veränderungen möglich wurden, in erster Linie für die Landwirtschaft; die Wiederherstellung der politischen Autonomie, was auch zur Selbstbestimmung der Halbinsel-Bevölkerung beigetragen hat; und schließlich auch die Rückkehr der Krimtataren in ihre historische Heimat.

Russland hat der Krim nur Genozide „geschenkt“: die Tragödie der Urbevölkerung – der Krimtataren. Die Ukraine hat dagegen angefangen, die Frage über die Rückkehr dieses Volkes auf seine ureigene Territorien zu lösen.

Nach der erneuten Annexion der Krim 2014 startete ein Rückgangsprozess: nicht nur die Umwandlung der Krim in eine rückständige, isolierte Region sondern auch der Beginn des totalen Verstoßes gegen alle Rechte und Freiheiten des Menschen mit allen sich daraus ergebenden Folgen.

In nur einem Jahr erreichte die Anzahl der Flüchtlinge aus der Krim 20 000 Menschen. Denken Sie daran, dass es weder 1954, als die Krim Teil der Ukrainischen SSR wurde, noch 1991, als sie sich in der Zusammensetzung des unabhängigen Staates Ukraine wiedergefunden hat, Flüchtlinge gab. Die Hysterie „KrimUnser!“ ist das beste Beispiel derselben kolonialen imperialistischen Politik, die rein gar nichts mit der Selbstbestimmung der Völker und der Verteidigung seiner politischen Rechte zu tun hat.

In Wirklichkeit war auf der Krim schon immer der ukrainische Vektor ziemlich stark, was auch durch die Ergebnisse des Allukrainischen Referendums über die Unabhängigkeit der Ukraine 1991 bestätigt wird. Aus den Ergebnissen sehen wir, dass allein in der Krimer ASSR bei einer Wahlbeteiligung von 67,5% insgesamt 54,19% der Krimer für die Unabhängigkeit gestimmt haben (also für den Austritt aus der UdSSR in der Zusammensetzung der Ukraine). Bei der separaten Wahl in Sewastopol haben von den 63,74% Abstimmenden 57,07% für die Unabhängigkeit gestimmt.

Gab es denn eine Selbstbestimmung der Nation?

Ich erlaube mir noch einige wenige Überlegungen zum Recht der Nationen auf Selbstbestimmung, denn zu diesem Thema gibt es die meisten Spekulationen seitens der „KrimUnser“-Anhänger. Hier übersteigt der Zynismus der kremlischen Obrigkeit, die behauptet, dass sich die Ukraine „freiwillig in zwei Teile geteilt habe“ und dass die Krim angeblich „freiwillig darum gebeten habe“, nach Russland „zurückzukehren“, jegliches Maß.

Tatsächlich gab es etwas ähnliches nicht mal ansatzweise. Das Problem des Separatismus existierte auf der Krim bis zum Februar 2014 gar nicht, trotz der augenfälligen prorussischen Stimmungen eines Teils der Bevölkerung der Halbinsel.

Bis zu dem Zeitpunkt hat die Russen auf der Krim niemand daran gehindert, sich als Russen wahrzunehmen, ihre Wesenseinheit mit Russland zu spüren. Es gab nicht mal die Andeutung von Unterdrückung aufgrund der Sprachenfrage (zumindest nicht bis zum März 2014). Es gab keine ethnischen Konflikte zwischen Russen, Ukrainern und Krimtataren, in jedem Fall hat die proukrainisch gestimmte Bevölkerung eine außerordentliche Loyalität allen anderen gegenüber geäußert. Wenn es auch Fälle von Xenophobie gab, so nur seitens einzelner prorussisch gestimmter (faktisch nationalistischer) Gruppen.

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Darum rechtfertigen all die Argumente über die vermeintliche Notwendigkeit der Okkupation der Halbinsel die Endergebnisse nicht. Diese Argumente waren nicht für die Menschen, sondern für die Interessen der Geopolitik bestimmt. Fremde Territorien werden nie für die Verteidigung der Interessen der Menschen, die auf ihnen leben, eingenommen. Eher umgekehrt. So hat sich zum Beispiel die Deklaration über den Schutz der russischen Sprache auf der Krim (die als der Hauptgrund für die Invasion galt) in Wirklichkeit in eine Menschenrechtsverletzung, eine antiukrainische und antitatarische Politik verwandelt. Und das trotz der Tatsache, dass der Aggressorstaat offiziell drei Amtsprachen deklarierte: ukrainisch, russisch und krimtatarisch. Es läuft die Verdrängung der proukrainischen und krimtatarischen Bevölkerung mithilfe von Drohungen und wirtschaftlichen und administrativen Drucks, die zu physischen Gewaltakten übergehen.

Man kann mit Sicherheit sagen, dass die Krimer wegen der Annexion nur verloren haben. Vielleicht haben die Bürger Russlands etwas gewonnen, die nun vor Stolz platzen sollten, wegen der Erweiterung ihres Imperiums? Ich denke nicht, dass es so ist. Wenn die Russen glauben, dass sie sich die Krim zurückgeholt haben, so irren sie sich gewaltig.

In Wirklichkeit haben sie diese im März 2014 verloren. Davor hat sie keiner daran gestört, sich auf der Krim wie zuhause zu fühlen, jeden zugänglichen Badeort-Service der gastfreundlichen Krimer nutzend. Nun ist es eine graue Zone, ein okkupiertes Territorium, das in der Perspektive zu einem zweiten Abchasien zu werden droht, das trotz der paradiesischen Natur und des günstigen Klimas bereits seit zwei Jahrzehnten eine Deadzone für den Tourismus ist.

Die Situation auf der Krim hat sich prinzipiell von der Situation in Kosovo und anderen ähnlichen Regionen unterschieden (was ja als ein zusätzliches Argument benutzt wurde, um den Separatismus zu rechtfertigen). Hier war alles diametral entgegengesetzt. Bis zum März 2014 ist auf der Krim niemandem der Gedanke in den Kopf gekommen, ein Referendum durchzuführen und sich an Russland anzuschließen.

Selbstverständlich mit Ausnahme derjenigen, die einen Staatsumsturz zu vollbringen beabsichtigten. Die Geschichte der Abspaltung der Krim wurde sorgfältig orchestriert  und durch einen massiven Informationskrieg vorbereitet, den Russland mehrere Monate lang zuvor gegen die Ukraine geführt hatte.

Die Propaganda wurde auf bewusst falschen Botschaften über die angeblich nationalistische und extremistische Natur der Protestaktionen auf dem Maidan und nach dem 20. Februar – der kompletten Kyjiwer Obrigkeit aufgebaut. Es wurden Mythen über die gewaltsame bewaffnete Übernahme der Macht in Kyjiw und über ethnische Säuberungen der Russischsprachigen erschaffen, die angeblich die „Faschisten“ und „Bandera-Anhänger“ auszuführen vorhatten.

Diese fast tierische Angst hatte keinerlei reale Grundlagen, wurde aber in der propagandistischen Manipulation verwendet. Jetzt, während der Krieg im Donbas läuft, verstehen viele derjenigen, für die diese Propaganda geführt wurde, dass es in Wirklichkeit nichts ähnliches gab. Aber im März 2014 hat es auf der Krim, wo traditionell russische TV-Sender geschaut wurden und die ukrainischen keine große Popularität genossen, doch seine Wirkung gehabt.

Das Sprinter- „Referendum“

Aber auch das war nicht ausreichend, was die Notwendigkeit einer bewaffneten Einnahme der Krim durch die russischen Militärangehörigen hervorgerufen hat, die als Aktionen einer „lokalen Selbstverteidigung“ dargestellt wurde. Um all dem wenigstens einen Anschein der Rechtmäßigkeit zu verleihen, wurde das „Referendum“ erfunden. Allen ist bekannt, dass das Plebiszit über die Integrität eines Staates nicht von einem Teil dieses Staates entschieden werden kann, was dieses „Referendum“ vom Anfang an rechtswidrig machte.

Aber auch wenn es rechtmäßig gewesen wäre, bräuchte man reale Gründe für die Selbstbestimmung. In Wirklichkeit wäre das Referendum für die Separatisten höchstwahrscheinlich verloren gewesen.

Selbstverständlich nur in dem Fall, wenn es ohne die Teilnahme von russischen Militärangehörigen, ohne die einseitige Propaganda, die auf einer totalen Lüge aufgebaut wurde, organisiert worden wäre, sondern mit einer normalen Agitation, die die Interessen aller Seiten berücksichtigt, und in normalen Fristen und nicht in Eile – innerhalb von 10 Tagen – durchgeführt worden wäre.

In anderen Regionen der Welt, wo ähnliche Probleme gelöst werden, nimmt es Jahre in Anspruch. Alles geschieht unter aufmerksamer Beobachtung der internationalen Rechtsorganisationen, unter obligatorischer freier Informierung aller Bevölkerungsschichten und einer sorgfältigen Untersuchung aller möglichen Risiken und Kosten. Ein brillantes Beispiel war hier das Referendum in Schottland am 18. September 2014, das zwei Jahre lang vorbereitet wurde, und wo im Falle einer positiven Entscheidung die Unabhängigkeit Schottlands erst in 1,5 Jahren erklärt werden würde: am 24. März 2016. Wie bekannt, trotz der offensichtlichen separatistischen Stimmungen, haben die Einwohner Schottlands nicht für Unabhängigkeit gestimmt.

Hier war alles umgekehrt. Das war ein schreiendes Beispiel der groben Manipulierung der menschlichen Meinung, die um fremder politischer Interessen willen durch die Propaganda belogen wurden. Ein ehrliches Referendum auf der Krim wäre unausweichlich durchgefallen, denn für die Ablösung der Halbinsel gab es weder eine soziale noch eine wirtschaftliche Basis.

Das reale Bild, das durch die soziologischen Umfragen bestätigt wurde, zeigt auf, dass für den Anschluss der Krim nicht mehr als ein Drittel der Wähler gestimmt hätte. Wobei diese Zahlen die letzten Jahre noch eine Tendenz zur Abnahme hatten.

Selbstverständlich konnte die massive antiukrainische Propaganda, welche die Basisängste der Menschen ausnutzte, das Bild zu Nutzen Russlands ändern, aber nicht soweit, dass die Resultate kritisch werden könnten. Darum haben die Separatisten eklatante Verstöße gegen die Prozeduren der Abstimmung wie auch Fälschungen begangen, was diese Resultate in keinster Weise als glaubwürdig zu betrachten erlaubt. Reale Resultate, die auf die Regierungsseiten Russlands gekommen sind (und dann schnell wieder gelöscht wurden), bestätigen die Richtigkeit der soziologischen Umfragen. Darüber hat man viel geschrieben, und ich werde mich nicht wiederholen.

Lasst uns noch ein wenig überlegen. Selbst wenn das „Referendum“ legitim gewesen wäre und seine Resultate genau so geworden wären, wie sie uns von seinen Organisatoren präsentiert wurden, hätte die Krim nicht an die Russische Föderation angeschlossen werden können, denn sie war kein souveräner Staat. Die Sache ist, dass es auf den Stimmzetteln des Referendums keine Frage über die Unabhängigkeit der Krim gab, was bedeutet, dass die Entscheidung über ihre Unabhängigkeit absolut illegal war.

Ergo hat der Föderationsrat Russlands nicht ein unabhängiges Subjekt angeschlossen, wie dies öffentlich erklärt wurde, sondern einen Teil des Territoriums eines anderen Staates. Und das hat nicht nur gegen das internationale Recht und die Gesetze der Ukraine, sondern auch gegen die Gesetzgebung Russlands verstoßen, denen zufolge so ein Anschluss nur nach dem Einverständnis des Landes möglich ist, dessen Territoriumsteil angeschlossen wird, also der Ukraine.

Ich hatte über diesen Kasus auf Facebook geschrieben, was eine gewaltige Resonanz hervorgerufen hat. Nun führe ich noch einmal alle Argumente auf, um daran zu erinnern, dass die Annexion der Krim absolut gesetzwidrig war. Aber es ist nur ein – wenn auch eins der bekanntesten – Beispiel eines Verstoßes gegen die Rechtmäßigkeit bei der Annexion der Krim. Insgesamt gab es aber so viele Verstöße, dass man ganze Bände von Akten zusammenstellen kann. Ich denke, es wird die Zeit kommen, wenn all diese Dokumente als Beweismaterial einer Klage beim internationalen Gerichtshof der UNO beigefügt werden, das sich mit den territorialen Ansprüchen von Staaten beschäftigt. Die Wahrscheinlichkeit, so einen Prozess zu gewinnen, ist ziemlich hoch.

* * *

любовь

Aber das Hauptziel dieses Artikels besteht nicht darin, die Rechtswidrigkeit der Krim-Annexion aufzuzeigen, sondern zu zeigen, dass die sogenannte „Erzielung der historischen Gerechtigkeit“, in deren Namen angeblich gegen die Gesetzlichkeit verstoßen wird, nichts anderes als das Resultat einer Spekulation ist, und in der Realität gar nicht existiert. Es geht um einen doppelten (oder sogar mehrfachen) Verstoß, ganz zu schweigen davon, dass infolge der Krim-Annexion auf der Halbinsel eine echte humanitäre Katastrophe geschieht. Es sind Geschäftsverbindungen zwischen der Krim und dem Festland der Ukraine zerstört, Schicksale von einer Menge Menschen wurden zerbrochen; die Kriminalität, wirtschaftliches Chaos und Verarmung in Folge der gewaltigen Preissteigerungen wachsen an, die Wirtschaft kollabiert und die Badesaison fällt aus.

Dem sollte man den Verlust der staatsbürgerlichen Freiheit und massenhafte Verstöße gegen die Menschenrechte hinzufügen, die es vor der militärischen Okkupation auf der Krim nicht gab.

Dabei wurden die Krimtataren zum am stärksten gefährdeten Bevölkerungsteil der Krim, gegen welche ein neuer Genozid anfing, die aber mehr als andere ihr Recht auf eigene Freiheit und eigene Selbstbestimmung verdient und durch Leiden erlangt haben. Sollen wir denn davor die Augen verschließen?

Das alles beweist, dass die sogenannte „Erlangung der historischen Gerechtigkeit“ und die „Rückkehr der Krim“ in Wirklichkeit eine total grausame Ungerechtigkeit in jeder Hinsicht ist, mehr noch – ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit.


Autor: Dr. psych. Pawel Gornostai für InformNapalm; übersetzt von Irina Schlegel. Beim Nachdruck und Verwenden des Materials ist ein Hinweis auf den Autor und unsere Quelle erforderlich.

  • Lesen Sie zum Thema auch: „Krimer Kantstein: Einzelheiten der russischen Sonderoperation zur Krimannexion“

Tags: AnnexionKriegKrimRusslandUkrainevölkerrecht

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