
Vor dem Hintergrund des verstärkten Beschusses ukrainischer Truppen seitens der russischen terroristischen Kräfte der sogenannten „Donezker und Luhansker Volksrepublik“ („DVR“ und „LVR“) haben Freiwillige von InformNapalm ein weiteres Mal eine große Anzahl von Panzern und Munition für Mörser in einem Zwischenlager bei Luhansk entdeckt. Russland liefert weiterhin Waffensysteme und Munition in die besetzten Gebiete, was möglicherweise die Planung und Intensivierung offensiver Operationen bedeutet.
Einleitung – Identifizierung der Verbrecher
Hilfreich beim Identifizieren der gegnerischen Kräfte waren Informationen aus privaten Profilen zweier Kämpfer (im sozialen Netzwerk „VK“, Anm. d Übers.).
Der erste ist ein Kollaborateur, der aus dem Gebiet Luhansk stammt, Bogdan Sewastjanow (archiviertes Profil, Kontaktliste und Fotoalbum). Er ist Mitglied der Schnellen Eingreiftruppe der „LVR“ („Batman“), deren Überbleibsel nach einer Neu-Formierung Teil der sogenannten „4. selbständigen motorisierten Schützenbrigade der LVR“ wurden. Dies ergibt sich aus den Chevrons (Anm. d. Übers.: Abzeichen der Einheit am Oberarm) von Sewastjanow, den Markierungen, die Zahl 4 in einem Quadrat, an Fahrzeugen und aus seinem Freundeskreis, der im Lauf der Untersuchung analysiert worden ist.
Es gab auch alte Daten zu Sewastjanow in der Datenbank von „Myrotworez“, die seine Identifizierung erleichtert haben. Dieser Terrorist ändert allerdings häufig seine Profildaten und aktualisiert Informationen – sein neues Profil war bisher unentdeckt.
Der zweite Kämpfer ist ein Freund Sewastjanows, ein gewisser „Nikon Choroschilow“ aus Moskau (archiviertes Profil, Kontaktliste, Fotoalbum 1 und Fotoalbum 2).
Munition für Mörser
Am 14 bis 15. Februar tauchte bei den besagten Terroristen eine Reihe von Fotos des Zwischenlagers auf. Vor allem ein Foto von Sewastjanow mit einer Granate OF36 für einen 120mm-Mörser mit einem Industriegebäude als Hintergrund.
Übrigens ist dieses Kaliber gemäß den Abkommen von Minsk untersagt. Ein analoges Foto gibt es auch von Choroschilow.
Auffällig ist, dass bei beiden Verbrechern das Datum, Aufnahmerichtung und Hintergrund übereinstimmen. Vermutlich waren beide beim Entladen und Beladen beteiligt.
Der Panzer-Fuhrpark
Außerdem haben die Freiwilligen von InformNapalm eine größere Ansammlung von Panzern vom Typ T-64 und T-72 verschiedener Modifikationen entdeckt. Es sind neun oder zehn Fahrzeuge, die sich in einem Innenhof des Werks befinden. Insbesondere Sewastjanow hat einige Fotos von Kampffahrzeugen hochgeladen, beispielsweise:
Die selben Fahrzeuge auf einem Industriegelände gibt es auch auf Fotos von Choroschilow.
Datum und Ort stimmen wieder überein. Bezüglich der Panzer muss man Folgendes festhalten. Erstens, es handelt sich um verhältnismäßig neue Fahrzeuge ohne Kampfeinsatz. Auf einigen Panzern sind an den Seitenschürzen Farbflecken in charakteristischem Hell-Grün zu sehen.
Häufig übermalen die Russen damit ursprüngliche Markierungen und Nummern, wenn die Grenze überschritten wird oder wenn Fahrzeuge auf dem Schienenweg in die Ukraine verlegt werden. Offenbar haben die Besatzer in diesem Fall noch nicht geschafft, „ortsübliche“ Nummern und taktische Zeichen aufzumalen.
Zweitens beachte man die Modifikation des Panzers im Vordergrund (archiviertes Foto). Das ist ein T-72B1 (Objekt 184-1; 1985) aus dem „Waffenmarkt Ihres Vertrauens“. Er ist mit der Reaktivpanzerung (ERA) „Kontakt-1“, dem Nachtzielgerät TPN-3-49 für den Schützen und dem Infrarot-Scheinwerfer L-4 ausgerüstet. Allerdings sieht man hinter dem Nachtzielgerät einen Mast für den Windsensor DWE-BS (der Sensor selbst ist nicht montiert). Also haben wir hier, wahrscheinlich, die Modifikation T-72S1 vor uns: Das ist die Exportvariante des T-72B1, die in den Iran sowie besonders aktiv nach Venezuela in den Jahren 2011 bis 2012 geliefert worden ist.
Sehr oft wird der T-72S1 mit dem T-72BA1, einer Modifikation des T-72B1 für die russischen Streitkräfte, verwechselt. Dabei gibt es ein äußeres Unterscheidungsmerkmal. Der T-72BA1 ist mit dem Nachtzielgerät 1K13 anstelle des alten TPN-3-49 ausgestattet. Um es anschaulich zu machen zeigen wir beide Geräte und Panzer im Vergleich:
Zusätzlich seien Fotos iranischer T-72S bzw. T-72S1 mit demontierter Reaktivpanzerung „Kontakt-1“, aber vorhandenem Windsensor DWE-BS angeführt.
Man kann mit hoher Wahrscheinlichkeit behaupten, dass hier erneut Waffenlieferungen an die örtliche „hybride“ Armee durch Russland stattgefunden haben. Wie sonst sollte eine russische Exportvariante eines Panzers für den Iran und Venezuela im Südosten der Ukraine auftauchen.
Lokalisierung der Basis
Obwohl Geotags und entsprechende Daten bei den Fotos fehlen, konnten die Freiwilligen des internationalen Teams von InformNapalm anhand des charakteristischen umzäunten Geländes den exakten Ort ermitteln, an dem sich Fahrzeuge und Munition befinden. Es ist das Werksgelände der Farbfabrik „Raduga“ (Belowsche Fabrik „Raduga“ GmbH), die sich in der Ortschaft Beloje (Kreis Lutuhino, Gebiet Luhansk) befindet. Auf der Karte liegt der Ort zwischen den Städten Altschewsk und Luhansk.
Wir erinnern daran, dass die Aufklärer von InformNapalm schon im November 2015 im Artikel „Panzer auf der Lackfabrik “Raduga”“ über diese Fabrik geschrieben haben. Damals, also gegen Herbstende, befanden sich mindestens 24 Panzer auf der Basis.
Interessant ist, dass an der Ortschaft Beloje die wichtige Autobahn M04 vorbeiführt und sich nur drei Kilometer entfernt der Schienenverkehrsbahnhof Sbornaja befindet.
Fazit
Man kann auf Grund der gesammelten Materialien Folgendes schlussfolgern:
– Russland zeigt keinerlei Absichten, die untersagten Systeme großen Kalibers abzuziehen und setzt im Gegenteil die Waffenlieferungen an seine „hybriden“ Truppen fort. Russland ist ein Sponsor des Terrorismus
– Die Panzer-Modifikation T-72S1, die auf der Basis gesichtet wurde, wurde niemals und wird nicht bei den ukrainischen Streitkräften eingesetzt
– Auf dem Gelände der Fabrik „Raduga“ werden Panzer und Munition gelagert: Es handelt sich zumindest um Mörsergranaten des untersagten Kalibers 120mm und außerdem, logischerweise, auch um 125mm-Munition für Panzer
– Diese Waffenbasis in Beloje ist einer der logistischen Knotenpunkte im „hybriden“ Krieg Russlands gegen die Ukraine. Genau von hier aus werden „übermalte“ Kampffahrzeuge und Munition an die vordere Kampflinie geliefert
Zum Abschluss des Artikels wenden wir uns an die OSZE-Mission mit dem Vorschlag, das Gebiet um die Ortschaft Beloje genauer zu untersuchen, insbesondere das Werksgelände der Fabrik „Raduga“ und benachbarte Transportwege.
Dieses Material wurde von Nikolay Mahno und Michail Kusnezow exklusiv für InformNapalm vorbereitet; übersetzt von Viktor Duke. Beim Nachdruck und Verwenden des Materials ist ein Hinweis auf unsere Ressource erforderlich.
CC BY 4.0
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3 Responses to “Beobachter von InformNapalm zu Besuch auf einem Zwischenlager für Panzer Т-64, Т-72 и Т-72S1 bei Luhansk”
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