
Kürzlich wurde auf dem staatlichen Propagandasender des Kremls „Rossija-1“ in einer Talkshow, die dem Tod des Terorristen Michail Tolstych alias Giwi gewidmet war, eine Tabelle mit dem Vergleich zwischen der ukrainischen Armee und der „DVR“-Armee“ gezeigt. Ganz unverblümt sprachen die russischen Propagandisten davon, dass die „DVR“ circa 700 Panzer besitzt.
Tabelle: Personalbestand: Ukraine – 32 500, „DVR“ – „wissen“ die Russen nicht. Panzer: Ukraine – 213, „DVR“- circa 700; Artillerie: Ukraine – 351, „DVR“ – circa 300; Raketenwerfer: Ukraine – 84, „DVR“ – circa 80; SPWs: Ukraine – 1154, „DVR“ – circa 400.
Das Video wurde gleich auf mehreren Ressourcen verbreitet und der Pressesekretär des russischen Präsidenten Dmitry Peskow sah sich gezwungen, eine Erklärung abzugeben. Er behauptete, dass Russland keine Ahnung habe, woher die „Aufständischen“ so viele Panzer haben, wahrscheinlich seien es Trophäen, denn Russland habe nie und nimmer Panzer oder sonstige Bewaffnung in die „DVR“ geliefert. Diese Frage sollte, seiner Meinung nach, „Kiew beantworten“. Seine Aussage wird nun von den russischen Medien als ein „Beweis“ dafür vorgestellt, dass es keine russischen Truppen im Donbass gibt.
Nun ja, wir helfen dem russischen Pressesekretär ein wenig auf die Sprünge und entgegnen seinen leeren Behauptungen mit ein paar FAKTEN, die ganz eindeutig darauf hinweisen, woher die „DVR“-Terroristen ihre Waffen haben (wobei man anmerken muss, dass diese Anzahl der Panzer (700) die Anzahl von Panzern Deutschlands und Großbritannien zusammen übersteigt).
Zur Anwesenheit von russischen Truppen im Donbass haben wir in den zweieinhalb Jahren unserer Tätigkeit mehrere Hunderte Untersuchungen durchgeführt, diese finden Sie in unserem Seitenabschnitt „OSINT“. Auch haben wir eine Datenbank mit unseren eigenen Untersuchungen erstellt und dort die wichtigsten Untersuchungen zusammengefasst, siehe: „Russische Streitkräfte im Donbass. Datenbank&Infografik“.
Was die Panzer angeht (deren Anzahl übrigens ums dreifache die Anzahl der ukrainischen Panzer übersteigt), so haben wir eine ganze Serie von Panzern russischer Herstellung im Donbass identifiziert, die niemals in der Bewaffnung der ukrainischen Armee vorhanden waren, nie in die Ukraine geliefert wurden und somit auch nie zu einer Trophäe werden konnten. Vollständige Datenbank finden Sie unter folgendem Link: „Russische Waffen im Donbass. Datenbank und Infografik“ (Ein PDF-Bericht steht zum Herunterladen auch bereit). All diese Modifikationen der russischen Panzermodelle wurden auf das durch Russen besetzte Territorium des ukrainischen Donbass verlegt, wobei die Verlegung über die von der ukrainischen Armee nicht-kontrollierten Stellen der Grenze zwischen Russland und Ukraine stattfand.
Panzer T-72B, Modell 1989
Modernisierte Variante des Hauptkampfpanzers T-72B mit eingebauter Reaktivpanzerung „Kontakt-5“. Ist mit einem steuerbaren Waffenkomplex 9K120 „Swirj“, einem Triebwerk W-84, der Feuerleitanlage 1A40 und der Kanone 2A46M ausgerüstet.
Steht nicht im Dienst der ukrainischen Armee und wurde nie in die Ukraine geliefert. Wurde auf dem Territorium von Luhansk, Debalzewe und Makijiwka entdeckt und in mehrere IN-Untersuchungen beschrieben. Gehört zur 5. Panzerbrigade des Östlichen Militärbezirks Russlands.
Panzer T-72BA, Modell 1999
Eine Modifikation des Hauptkampfpanzers T-72B. Das erste Produktionslos wurde noch 1999 bis 2000 in Betrieb genommen. Die Modernisierung umfasst eine Kampfwertsteigerung auf den Stand der letzten T-72B aus dem Baujahr 1991 mit der Feuerleitanlage 1A40-1 (später 1A40-1M, und seit 2005 – 1A40-M2), die Installation eines neuen Stabilisierungssystems für die Hauptwaffe – 2E42-4 „Jasmin“, Verstärkung der Widerstandsfähigkeit des Wannenbodens gegen Minen mit einer zusätzlichen Panzerplatte im Bereich des Fahrersitzes, Austausch des Kettenfahrwerks und Motors (Motor W-84MS oder W-92S2 seit 2003) und die Installation von Reaktivpanzerung „Kontakt-5“. Außer durch Ketten und Reaktivpanzerung unterschied sich das Fahrzeug von der üblichen Modifikation „B“ durch einen gut sichtbaren Windsensor einschließlich Mast am Turm. In die Ukraine wurde dieser Panzer nie geliefert. Es wurde die Vernichtung von russischen Panzern dieser Modifikation bei Starobeschewe (Donezker Gebiet) registriert, die zur 21. selbstständigen motorisierten Schützenbrigade der Streitkräfte Russlands gehörten.
Panzer T-72B3, Modell 2011
Modernisierte Version des Hauptkampfpanzers T-72. Steht seit 2012 im Dienst der russischen Streitkräfte. Es wurde die neueste Feuerleitanlage installiert, Reaktivpanzerung „Kontakt-5“, Triebwerk W-84-1 mit 840 PS, das Wärmezielgerät „Sosna-U“, ein Windsensor, neueste Funkmittel, ein modifiziertes Stabilisierungssystem der Hauptwaffe und ein Schutzsystem gegen Massenvernichtungswaffen. Der Geschossbehälter und das Fahrwerk wurden modernisiert. Das Fahrwerk erhielt neue Gleiskette (Verbinderkette – Gleiskette mit Parallelgelenk). In die Ukraine wurde dieser Panzer nie geliefert. Wurde in Luhansk, Ilowajsk, Debalzewe entdeckt und in mehreren IN-Untersuchungen beschrieben. Ein Panzer dieser Modifikation wurde im Raum Debalzewe vernichtet. Gehört zur 6. Panzerbrigade der Streitkräfte Russlands.
Panzer T-90A, Modell 2006
Eine Modifikation des Hauptkampfpanzers T-90. Es wurde das moderne Wärmebildgerät „ESSA“ der zweiten Generation installiert, das in zwei Ebenen stabilisiert ist, in das Hauptvisier und dessen EM-Meßkanal integriert ist, was die Nachtsichtweite von 1800 auf 4000 Meter erhöht hat. Wurde nie in die Ukraine geliefert.
Wurde von InformNapalm auf dem Territorium des Luhansker Gebiet entdeckt. Gehört zur 136. selbstständigen motorisierten Schützenbrigade der Streitkräfte Russlands.
Panzer T-72S1
Exportvariante des Hauptkampfpanzers T-72B1. Wurde von Russland in den Iran und nach Venezuela in den Jahren 2011 bis 2012 geliefert. Äußerliche Hauptunterschiede zum T-72B sind das Wärmezielgerät TPN-3-49 und der Windsensor DWE-BS. Wurde 1993 in den Dienst der Streitkräfte Russlands gestellt, nach Ausfall von einigen Exportlieferungen. In die Ukraine wurde er nie geliefert. Wurde von InformNapalm auf dem Territorium eines Betriebs im Dorf Bile (Luhansker Gebiet) unweit der Verkehrsstraße M04 entdeckt, 3 Kilometer westlich von der Eisenbahnstation Sbornaja.
Donbass ist für Russland längst zu einem riesigen Truppenübungsplatz geworden, auf dem die Russen ihre neuesten Waffen testen, aber auch alte Waffen sowjetischer Herstellung „entsorgen“, die jahrelang in ihren Depots aufbewahrt wurden, zum Beispiel:
- Kampfpanzer T-64;
- ältere Modifikationen des Panzers T-72B;
- Raketenwerfer BM-21 „Grad“;
- Panzerhaubitzen 2S1 „Gwosdika“;
- Flugabwehrraketensysteme „Strela-10“;
- SPWs BMP-1 und BMP-2;
- MT-LB;
- 122 mm Schlepphaubitzen D-30;
- 152 mm Haubitzen „Msta-B“;
- Panzerabwehrkanone MT-12 „Rapira“.
Diese und andere Waffenmodelle stehen zur Verfügung der russischen Besatzungstruppen im Donbass und wurden ebenfalls mehrmals in den Untersuchungen von InformNapalm festgehalten. Die Beweisführung von direkten Lieferungen dieser Waffenmodelle an die Donbass-Terroristen durch Russland benötigt aber ganz anderer Verfahren und geht über den Rahmen dieses Materials hinaus.
Zu unserem Bericht hatten wir außerdem ein Video erstellt, das auf der Herbstsitzung der PACE präsentiert wurde:
Somit hat sich Kremls Pressesekretär ein weiteres Mal vor der ganzen Welt mit leeren Behauptungen blamiert. Indem er die für die ganze Welt offensichtliche russische Invasion in die Ukraine abstreitet, treibt er seine Führung im Grunde in die Ecke, denn für das zukünftige internationale Militärtribunal gegen Russland haben wir jedem leeren Wort und jeder Behauptung des Kremls Beweise und Fakten entgegenzustellen.
Das Material wurde von Andrew Lysytskiy & Irina Schlegel exklusiv für InformNapalm vorbereitet. Beim Nachdruck und Verwenden des Materials ist ein Hinweis auf unsere Ressource erforderlich.
(Creative Commons — Attribution 4.0 International — CC BY 4.0 )
Wir rufen unsere Leser dazu auf, unsere Publikationen aktiver in den sozialen Netzwerken zu verbreiten. Das Verbreiten der Untersuchungen in der Öffentlichkeit kann den Verlauf von Informationskampagnen und Kampfhandlungen tatsächlich brechen.
2 Responses to “Panzer für Peskow: Russische Waffen auf den besetzten Territorien von Donbass”
28/02/2017
Aufklärungsleiter der Speznas-Brigade „Odessa“ über Plünderungen im besetzten Donbass: „Der Geschäftsmann war kein Angsthase und erwiderte das Feuer…“ - InformNapalm.org (Deutsch)[…] 2) Der Personalbestand der „Odessa“-Brigade wurde im Juli 2014 auf dem Territorium der RF mit Waffen ausgerüstet. Es ist bekannt, dass zum September 2014 der Truppenverband, abgesehen von persönlichen Schusswaffen, über folgende Bewaffnung verfügte: modernisierte Dragunow-Scharfschützengewehre mit Nachtvisieren, schwere Granatwerfer SPG-9 und AGS-17, überschwere Maschinengewehre NSW „Utjos“, Abschussvorrichtungen für Panzerabwehrlenkraketen „AT-4 Spigot“, Panzerabwehrraketen 9M111-2, schultergestützte Kurzstrecken-Boden-Luft-Lenkwaffensysteme „SA-18 Grouse“, Flugabwehrkanone SU-23-2 und ein russischer Panzer T-72B (Modell 1989), den es nicht in der Bewaffnung ukrainischer Streitkräfte gibt. Ungewollt fühlt man sich an die Aussage des Präsidenten RF Wladimir Putin erinnert: „…das kann man in jedem Militärlhandeladen kaufen…“, oder die Worte seines Pressesprechers Dmitrij Peskow: „…es gibt keine russischen Panzer in Donbass“. […]
12/03/2017
Gerichtsverhandlung in Den Haag: Russische Erklärungen über die "Waffen in den Donbass-Bergwerken" vs. InformNapalm-Untersuchungen - InformNapalm.org (Deutsch)[…] Die russischen Erklärungen in Den Haag sind für uns keine Überraschung gewesen. Die Thesen über die „erbeuteten Panzer“, die der russische Pressesekretär Dmitry Peskow im Februar 2017 erläuterte, wurden ebenfalls leicht durch den Verweis auf die von uns erfassten Angaben zerschlagen. […]