Die internationale Freiwilligengemeinschaft InformNapalm führt eine Reihe von Publikationen fort, die auf der Analyse von Informationen beruhen, welche durch die ukrainische Hackergruppe Falcons Flame (#FF) der E-Mail-Korrespondenz der Terroristen und deren russischen Mentoren entstammen. Hacker und OSINT-Analytiker beleuchten eine weitere hybride Geschichte eines „hybriden Bergarbeiters“ von Putin.
Einer der Briefe, der im Postfach der „Union der Freiwilligen vom Donbass“ gefunden wurde, enthält folgende Information:
„Andrey Litvinov – Sergeant des Aufklärungstrupps der 1. Kompanie des Bataillons „Leschij“ (zu deutsch „Waldgeist“). Am 6. September 2014 zog er sich während der Säuberungsaktion von feindlichen Stellungen durch eine explodierte Tretmine eine Vielzahl von Verletzungen zu! Er wurde mit dem Ehrenzeichen „Kampf um Luhansk“ ausgezeichnet. Die zugezogenen Verletzungen sprechen für sich: Eine eindringende Verletzung der Wirbelsäule, Rückenmarksverletzung des II.-III. Grades, links eine eindringende Splitter-Verletzung des Brustkorbs mit der Beschädigung des linken Lungenunterlappens, Totalhämatopneumothorax, Lungenkontusion links, eine offene Fraktur der linken Ulna, eine offene Trümmerfraktur II.-III. Grades der Mittelhandknochen der linken Hand, eine Splitter-Verletzung des Weichteilgewebes des rechten Beins, ein traumatisch hämorrhagischer Spinaler Schock III. Grades mit Folge einer vollständigen Lähmung unterhalb des Brustbereichs, Dekubitus, Fisteln im Lendenbereich. Andrey befindet sich zu Hause, in häuslicher Behandlung. Mit seiner Familie lebt er von einer Rente von 10 000 Rubel, ein Teil des Geldes wird für Andreys Medikamente verwendet. Es wird Hilfe benötigt: Spezialisten und Unterstützung bei der Rehabilitierung und der Behandlung“.
Im Anhang des Briefes waren eingescannte Kopien weiterer Dokumente: Inlandspass des russischen Staatsbürgers mit dem Namen Litvinov Andrey Vjatscheslavovitsch, geboren am 27.12.1987, Passnummer 80 12 676902, ausgestellt am 28.01.2013. Versicherungsausweis der obligatorischen Rentenversicherung der Russischen Föderation mit der Nummer 128-245-824 64:
Entlassung aus dem Auftrag des Kommandeurs des Bataillons „Leschij“ der terroristischen Organisation „LVR“ und der Auszug aus der Krankengeschichte Nr. 14416, ausgestellt am 11.09.2014 von dem regionalen klinischen Krankenhaus von Luhansk:
Die Epikrise an den weiterbehandelnden Arzt vom 13.09.2014, ausgestellt von der Föderalen staatlichen Fiskalbehörde des 1602. Militärkrankenhauses des russischen Verteidigungsministeriums der Stadt Rostow am Don.
Es lohnt sich, die nächste Information des vorliegenden Dokuments anzusehen: „Nach den Worten des Geschädigten, wurde er am 6. September2014 unter ungeklärten Umständen verletzt. Am Unfallort wurde Eigenhilfe und gegenseitige Hilfe geleistet. Eingeliefert in das klinische Krankenhaus von Luhansk. Auf Anordnung des medizinischen Dienstes des Südlichen Militärbezirks wurde er in das 1602. Militärkrankenhaus mit dem Krankentransport evakuiert.“
Die Epikrise von der Entlassung am 27.11.2014, Nr. 44696, ausgestellt von der Klinik für Kriegschirurgie der Militärmedizinischen Akademie S. M. Kirow in Sankt Petersburg. Interessanterweise wird Litvinov im vorliegenden Dokument als Zivilperson des russischen Verteidigungsministeriums bezeichnet, obwohl er im Militärkrankenhaus von Rostow als „Sonstiger“ aufgeführt wurde.
Auch wenn die oben genannten Dokumente ein genaues Bild von dem Ort und dem Zeitpunkt von Litvinovs Verletzung geben, so ist die Information bezüglich seines Status während und nach seiner Verletzung sehr vage. Im Krankenhaus von Luhansk ist er einfach ein russischer Staatsbürger, in dem von Rostow ein „Sonstiger“ und in der Militärmedizinischen Akademie erlangt er plötzlich den Status der „Zivilperson des russischen Verteidigungsministeriums“. Um die Frage „Who is Mr.“ Litvinov zu beantworten, haben die Freiwilligen von InformNapalm ein weiteres Mal Open Source Intelligence (OSINT) eingesetzt, ein Profil (Fotoalbum und Freundesliste im Archiv) in einem sozialen Netzwerk gefunden und das ist, was uns herauszufinden gelungen ist:
Litvinov hat an einer militärischen Hochschule studiert – das erkennt man auf seinen Fotos in der Uniform eines Kadetten. Und die Freundesliste mit dem Vermerk „Hochschulfreunde“ verrät, dass er in der Höheren Artillerie-Kommandoschule in Jekaterinburg studiert hatte, die 2011 schloss und dessen studierende Kadetten in andere Bildungseinrichtungen des russischen Verteidigungsministeriums versetzt wurden.
Da das Geburtsdatum von Litvinov der 24.12.1987 ist, wurde er Ende 2005 18 Jahre alt, das bedeutet, dass er im Sommer 2006 in der militärische Hochschule antrat und nach fünf Jahren im Sommer 2011 seinen Abschluss gemacht hat. Nach dem Abschluss ist ein Vertrag für drei oder fünf Jahre mit dem russischen Verteidigungsministerium obligatorisch. Wenn Litvinov einen Vertrag für drei Jahre abschloss und sich entschied, seinen Dienst bei den russischen Streitkräfte nicht fortzusetzen, dann hat er im September 2014 in der Ukraine bereits als Söldner und Terrorist gekämpft. Aber laut den oben genannten Dokumenten, wurde die Evakuierung des verletzten Litvinovs aus Luhansk nach Rostow von dem Militärkrankenhaus des russischen Verteidigungsministeriums organisiert und auch die anschließende Behandlung in einer der angesehensten medizinischen Einrichtungen des russischen Verteidigungsministeriums durchgeführt. Doch ist es nicht gegebenenfalls zu viel Ehre für einen Söldner, dem eine Anklage nach dem Strafgesetzbuch der Russischen Föderation blüht?
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Am 13.10.2014 wurde in das Fotoalbum eine Aufnahme hochgeladen, auf der Litvinov neben dem Antrieb eines Marschflugkörpers posiert. Der Vegetation nach wurde die Aufnahme im Spätsommer gemacht. Er ist mit einem Dragunow-Scharfschützengewehr (SWD für Scharfschützengewehr Dragunow) und einer Makarow Pistole (kurz PM für Pistolet Makarowa) bewaffnet. Auf der vergrößerten Aufnahme von dem selben Ort steht im Fotoalbum von Litvinov der Geotag: H-21, Luhansk, Ukraine.
Wenn man alle Informationen zusammenfasst:
- die militärische Hochschulausbildung von Litvinov;
- er wurde spezialisiert auf den „Einsatz von Einheiten der Feldartillerie“;
- er hat als Hauptaufklärer in der illegalen bewaffneten Bandenformation „Leschij“ gedient;
- er wurde evakuiert und befand sich in Behandlung in den Strukturen des russischen Verteidigungsministeriums;
- er befand sich in den besetzten Gebieten der Ukraine in der aktivsten Invasionsphase der russischen Truppen.
Die Annahme liegt nahe, dass Litvinov zum Zeitpunkt der Verletzung ein russischer Berufssoldat war und der illegalen bewaffneten Bandenformation für die Ausübung von Aufklärungsaufgaben und die Korrektur von Artillerieangriffen auf ukrainische Einheiten zugeteilt wurde. Das Schicksal war dem „hybriden Bergarbeiter“ jedoch nicht wohlwollend und fesselte ihn zur Strafe an den Rollstuhl. Dafür hat Litvinov eine Rente von 10 000 Rubel im Monat und auf seiner Brust prangen zwei Medaillen für die Aggression gegen den Nachbarstaat.
Ebenso gibt es in der Datenbank des Zentrums „Myrotworez“ Informationen (Anschrift und Telefonnummer) über Andrey Litvinov, die für Journalisten, die Geschichten von Russlands hybridem Krieg gegen die Ukraine sammeln, von Nutzen sein könnten. Es ist bekannt, dass Litvinov in der Republik Baschkortostan ansässig ist.
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Die Angaben wurden von den Hackern der ukrainischen Cyberallianz exklusiv an InformNapalm zwecks Analyse und weiteren Veröffentlichung übergeben. Die Redaktion von InformNapalm trägt keine Verantwortung für die Erstquelle und die Herkunft der Angaben.
Dieses Material wurde von Michail Kusnezow auf der Grundlage von durch die Hacker-Gruppe FalconsFlame bereitgestellten Informationen exklusiv für InformNapalm vorbereitet; übersetzt von Kateryna Matey. Beim Nachdruck und Verwenden des Materials ist ein Hinweis auf den Autor und unser Projekt erforderlich.
Wir erinnern, dass man sich unter folgenden Links http://bit.ly/RussianPresence (in 12 Sprachen) und http://bit.ly/RussianPresence/DE (auf Deutsch) mit der Datenbank der Untersuchungen von InformNapalm bekanntmachen kann, die die Beteiligung von mehr als 60 Truppenverbänden der russischen Streitkräfte an den Kampfhandlungen in der Ukraine belegen. Die aktive Verbreitung wird begrüßt.
Sie können auch die Arbeit unserer Ressource unterstützen und für die Weiterentwicklung unseres Projekts auf der Seite Crowdfunding spenden. Der gesamte Erlös wird ausschließlich für die technische Unterstützung von InformNapalm verwendet.
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