
Dieses brutale Verbrechen ist bereits zu einem Objekt und Instrument des Propagandakrieges geworden. Die wichtigsten politischen Versionen.
Der Mangel an verfügbaren Fakten, die eine Analyse möglich machen würden, lässt uns bis jetzt nur politische Versionen des Mordes an Boris Nemzow behandeln, das heißt, prüfen, welchen politischen Kräften dieses Verbrechen zu diesem Zeitpunkt nützlich sein könnte (was natürlich nicht automatisch bedeutet, dass sie dieses Verbrechen auch begangen haben). Trotzdem erscheint uns diese Analyse notwendig und dringend, da dieses brutale Verbrechen bereits zu einem Gegenstand der Propagandaspekulationen und einem Instrument des politischen Kampfes geworden ist.
Politisches Verbrechen oder Alltagsverbrechen politisch getarnt?
Als Hypothese können wir annehmen, dass der Mord politischer Natur, also im Grunde ein Terroranschlag war. Natürlich ist das nur eine Vermutung, sie scheint aber glaubhaft genug zu sein, um uns als Grundlage zu dienen.
Es gibt mindestens zwei Umstände, die zu Gunsten dieser Vermutung sprechen. Erstens wurde das Verbrechen professionell ausgeführt: das Ausbleiben der signifikanten Ergebnisse bei den Ermittlungsarbeiten in den ersten zwei Tagen bestätigt es deutlich.
Zweitens war das Verbrechen sehr demonstrativ, so arrangiert, um die maximale öffentliche Wirkung zu erzielen. Da Nemzow beschattet wurde, kannten die Verbrecher seine täglichen Wege und seinen Wohnort. In diesem Fall wäre ein Mord in der Nähe des Hauses oder im Hauseingang , wie im Fall Politkowskaja, deutlich weniger umständlich und riskant, als eine Erschießung paar hundert Meter vom Kreml entfernt.
Das ist natürlich kein hundertprozentiger Beweis für die politische Natur des Mordes: im heutigen Russland kann jede Privatperson für wenig Geld eine unbegrenzte Anzahl von Profis von Sicherheitsdiensten für einen Mord engagieren, geschweige denn Auftragskiller, und die engagierten Profis können durchaus den Wunsch haben, das Alltagsverbrechen für ein politisches auszugeben, und es zu diesem Zweck besonders dreist auszuführen.
Aber bei dem Vergleich der beiden Versionen, bei der Abwesenheit der klaren persönlichen Gründen, wirkt die rein politische Version glaubwürdiger, als ein Alltagsmord, politisch getarnt.
Die Hauptversionen
Wenn wir vorübergehend die absolut richtigen, aber in keinem direkten Verhältnis zu den Mordermittlungen stehenden Behauptungen darüber, dass die politische Verantwortung für den Tod von Nemzow die Regierung trägt, die eine Atmosphäre von Hass und Chaos im Land geschaffen hat, beiseite schieben, so gibt es zu diesem Zeitpunkt zwei Hauptversionen des Verbrechens, die wie üblich einander ausschließen.
Die Vertreter der Opposition haben eine Version dargelegt, laut der Nemzow auf ein Befehl des Kremls ermordet wurde, mit dem Ziel, die liberal-demokratische Bewegung einzuschüchtern und moralisch zu unterdrücken, und außerdem um weitere Veröffentlichung seiner Enthüllungsberichte zu verhindern, der nächste von denen sich mit dem Krieg in der Ukraine befassen sollte.
Im Gegenzug haben alle Kräfte, die dem Kreml mehr oder weniger nahe stehen, einmütig die Version vorgestellt, laut der der Mord an Nemzow eine Provokation gegen die Regierung sei, mit dem Ziel, die Lage im Land zu destabilisieren. Dabei hat man angedeutet, dass es die oppositionellen Kräfte selbst waren, die Nemzow als ein „heiliges Opfer“ auf dem Altar der „farbigen Revolution“ dargebracht haben.
Wenn man den moralisch begründeten Ekel unterdrückt, kann man zugeben, dass rein theoretisch diese beiden Versionen gleiches Existenzrecht haben. Beide haben allerdings wesentliche logische Fehler, die es verhindern, dass eine davon in reiner Form als Grundlage dienen kann.
Kreml und der „Ententest“
Die Vermutung, dass Nemzow auf ein Befehl des Kremls hin, oder wenigstens mit seinem Wissen ermordet wurde, besitzt den Vorteil, dass sie leicht den altbekannten englischen „Ententest“ besteht. „Wenn etwas wie eine Ente aussieht, wie eine Ente quakt und wie eine Ente schwimmt, dann ist es wahrscheinlich eine Ente“.
Nemzow war einer der schärfsten Kremlkritiker, er wurde für Kreml zunehmend unbequem und war der Hauptinitiator aller Protestaktionen. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass nach Nemzows Ermordung vor den Mauern des Kremls die Gesellschaft nun versucht, hinter die roten Mauern zu schauen, in der Hoffnung, dort die Auftraggeber des Verbrechens zu finden.
Eine andere Sache ist, dass die vorgeschlagene Verhaltensmotivation des Kremls, die angeblich sein Interesse an dem politischen Mord erklärt, gekünstelt wirkt.
Für Kreml besteht zum jetzigen Zeitpunkt keine Notwendigkeit, die liberale Opposition irgendwie besonders zu demoralisieren, denn seit dem Beginn des Krieges in der Ukraine befindet sie sich eh in einem äußerst demoralisierten Zustand.
Es kommt einem auch unwahrscheinlich vor, dass der Kreml auf eine so blutige Weise versuchen sollte, die Veröffentlichung des nächsten Berichts von Boris Nemzow zu verhindern. Nemzow war nicht die Primärquelle der geheimen Informationen. Das, was er veröffentlichte, war eine Kompilation der Informationen, die entweder bereits bekannt waren, oder ihm von Dritten zugetragen wurden. Die Beseitigung von Nemzow kann weitere Verbreitung dieser Informationen in irgendeiner anderen Form nicht verhindern, und ist somit eine sinnlose Tat.
Dagegen sind die Risiken, die mit der „Problemlösung“ durch die Ermordung des Oppositionsführers verbunden sind, für alle evident und müssten in einer normalen Situation die hypothetischen Vorteile überwiegen. Nur für Stalin galt es „Kein Mensch – kein Problem“. Dieses Niveau hat der Kreml noch nicht erreicht. Also bleibt die Frage zu den Handlungsmotiven des Kremls offen, und alle bisher ausgesprochenen Vermutungen erscheinen uns nicht stichhaltig.
Die Opposition und das Selbstmord-Syndrom
Dafür ist der spitzfindige Blick in die dem Kreml entgegengesetzte Richtung zwar nicht verboten, wirkt aber sehr unnatürlich. Wenn wir den Anhängern des in Russland herrschenden Regimes genau zuhören, gewinnen wir den deutlichen Eindruck, dass in der russischen Opposition Generation für Generation das Selbstmord-Syndrom weitervererbt wird – ein seltsamer und unwiderstehlicher Drang zur Selbstzerstörung, der nur ein Ziel hat: das Leben dem Kreml schwer zu machen.
Was auch immer für politische Morde in Russland (oder in Verbindung zu Russland) in den letzten Jahren geschehen sind, sei es Listjew, Politkowskaja oder Litwinenko, vonseiten des Kremls ertönen stets die Behauptungen über ein „heiliges Opfer“, das die „liberalen Freimaurer“ für die Zerstörung der Stabilität der russischen Gesellschaft bringen.
Kreml nennt die Ermordung von Nemzow „eine Provokation“. Im Grunde kann man dem zustimmen. Aber genau wie bei der Version der Opposition gibt es ein Problem mit der Begründung – wenn das eine Provokation ist, von welcher Seite?
Im Gegensatz zu Kreml glaubt im Oppositionslager keiner daran, dass in Russland eine „farbige“ Revolution, oder wie man es jetzt bezeichnet, „Maidan“, möglich ist.
Und das Problem liegt nicht darin, dass es zutiefst unmoralisch ist, die Opposition zu verdächtigen, sie würde ihre Anführer und Anhänger systematisch beseitigen, um eine Revolution auszulösen (die Kreml-Anhänger scheinen das nicht zu verstehen, weil sie von sich selbst ausgehen). Die Sache ist, dass unter den heutigen Verhältnissen diese Opfer absolut sinnlos sind.
Und das ist nicht nur allen klar, sondern auch praktisch bewiesen: nach der Ermordung von Nemzow kamen keine Millionen Bürger auf die Straße und es gab keine Revolution. Also muss man die Provokateure anscheinend woanders suchen als im Lager der liberalen Opposition. Obwohl der Gedanke an die Provokation als Mordmotiv an sich ist natürlich sehr produktiv…
Die Präzisierung zu Tatort und Tatzeit
Also sind bis jetzt beide vorgeschlagene Hauptversionen des Mordes an Boris Nemzow nicht stichhaltig, aber gleichzeitig besitzt jede von ihnen einen rationalen Kern. Die Version der Opposition zeigt nicht ohne Grund in Richtung Kreml als treibende Kraft dieses Verbrechens, und die Version des Kremls, ebenfalls begründet, weist auf die provokative Art dieses Mordes hin.
Wir können etwas größeres erreichen, wenn wir, sagen wir, das Tatort und die Tatzeit präzisieren. Für den heutigen Normalbürger ist Kreml gleich Putin. Er denkt fast wie Majakowski: wir sagen Kreml – wir meinen Putin. In Wirklichkeit ist es aber ganz anders, Kreml ist ein viel weiterer Begriff als Putin.
Das ist ein riesiges Konglomerat der politischen Kräfte, die scheinbar gleiche Interessen und Ansichten haben, dabei aber sehr verschieden sind und sich im dauerhaften Kampf um den Einfluss auf Putin, als den Mittelpunkt aller endgültigen Entscheidungen, befinden. Die verschiedenen Initiativen müssen nicht unbedingt im Mittelpunkt dieses Machtkonglomerats entstehen, sie können auch an seinem Rande entstehen.
Nach dem Beginn des nichterklärten Kriegs mit der Ukraine kam diese ganze Masse der Machtgruppierungen in Bewegung. Das Problem ist, dass sie sich ungleichmäßig bewegen – der eine sehr schnell, der andere langsamer, und der dritte zieht es vor, auf der Stelle zu bleiben und die Bewegung zu imitieren.
Das Ergebnis davon ist, dass während die Konsolidierung der Gesellschaft um die Regierung als Folge des Krieges und der sogenannten „Mobilisierungspolitik“ gestiegen ist, die Desintegration innerhalb der Regierung zugenommen hat. Dort sind viele neue „Außenseiter“ im Gegenzug zu den „Alteingesessenen von Kreml“ aufgetaucht, die früher zu den Randgruppen gehörten, nun aber aktiv ihren Anteil an Machteinfluss einfordern.
Also, der Auftrag für den Mord an Nemzow konnte durchaus nicht aus dem Zentrum der „Machtvertikale“ kommen, sondern irgendwo von der Seite, von einem „toten Ast“, mit dem durchaus bewussten und provokativen Ziel, eine Situation im Land zu schaffen, bei der genau dieser Ast zum Mittelpunkt der „russischen Welt“ werden könnte.
Einer wird kommen, der stärker ist als ich
Zum Beginn der Wirtschaftskrise im Jahre 2008 hat der Kreml ein misslungenes politisches Manöver durchgeführt, als die Macht von Putin vorübergehend einem „liberalen“ politischen Nachfolger übertragen wurde. Das Experiment scheiterte, vor allem wegen der Krise, aber noch mehr wegen des wütenden Widerstands der neuen Oligarchen, korrupten Gesetzeshüter und legalisierten kriminellen Strukturen.
Statt der Modernisierung und Konsolidierung bekam die russische Gesellschaft eine Spaltung der Elite, es entstand eine „liberale Front“ – eine eher oberflächliche Bewegung der Spitzen der städtischen Mittelschicht, die zwar keine ernsthafte Unterstützung der Massen genoss, der es aber gelungen ist, auf dem Höhepunkt ihre Aktivität den Konservativen in der Regierung Angst einzujagen und damit den Mechanismus einer politischen Reaktion auszulösen.
Putin, der sich an die Seite der Konservativen gestellt hat, fand sich in einer Situation, in der jeder kleine Schritt sofort einen weiteren größeren erfordert. Letztendlich, bei dem Versuch, den sogenannten „Bolotnaja-Prozess“ in den Griff zu kriegen, fiel der Kreml in eine großangelegte Konterrevolution, eine Generalüberholung der politischen und wirtschaftlichen Ausrichtung seiner Innen- und Außenpolitik seit den Zeiten der Perestroika. Der Krieg war eine praktisch unumgängliche Bedingung für die Erlangung der Massenunterstützung dieser reaktionären Politik, und der Krieg ging pünktlich nach Zeitplan los.
Als Putin diese Schritte eins nach dem anderen ausgeführt hat, hat er damit historische Kräfte in Bewegung gesetzt, die größer sind als er selbst, und die er nicht kontrollieren kann. Wenn früher die schwierigste Aufgabe des Kremls war, die liberale Opposition in Schach zu halten, ist es heute mit jedem Tag schwieriger, seine eigenen Anhänger in Schach zu halten, die mit dem Erreichten unzufrieden sind und alles auf einmal wollen.
Putin geriet in eine Lage, in der er nie gut genug sein kann: egal was „Böses“ er aus der Sicht der Liberalen tut, aus der Sicht der Nationalisten-Monarchisten ist es nie genug.
Von „Neurussland“ zu „Großrussland“
Bei allem, was mit dem „Projekt Neurussland“ zu tun hat, geht es nicht um die Ukraine, sondern um Russland. In Donbass werden Sozialmodelle und zukunftsorientierte Ideen getestet, die man in Russland seit langer Zeit für sich selbst hegte, nicht für die Ukraine.
Das Restaurationsprojekt ist nicht erst gestern entstanden, genauso wie nicht seit gestern Dugin hetzt und Kurginyan poltert.
Seit Ende der 80-er schwafelten diese Leute vom Eurasianismus, träumten vom Imperium und verfluchten den westlichen Liberalismus. Sie haben es nicht geschafft, zum „russischen Mainstream“ zu werden, haben aber seit jeher genug Anhänger unter den Beamten und unter der „Nomenklatur-Bourgeoisie“ (wie der Malofejew).
Lavierend zwischen der internen Opposition und dem externen Druck, öffnete Putin diesen Kräften die Tür in die große Politik, in der Hoffnung sie an der Schwelle halten zu können, als Abschreckung für den Westen. Ihnen ist es aber zu eng in der Diele, sie wollen in die gute Stube. Krim und Donbass sind für diese Leute nicht die Geschichte des Zürückholens der russischen Ländereien, es ist die Geschichte ihrer Verwandlung.
In „Neurussland“ wird ein soziales Projekt getestet, dessen Inhalt nicht nur die Anhänger von Boris Nemzow, sonder auch viele der heimlichen und bekennenden Freunde von Putin erzittern lassen würde. Im Grunde ist das ein Projekt der reaktionären Re-Nationalisierung und der Schaffung, um es politisch korrekt zu sagen, eines „korporativen Staates“ der totalitären Art.
Nicht umsonst haben sich bei diesem Projekt die rechtsextremen Kräfte so leicht und natürlich mit den Linksextremen verbunden. Ihnen allen ist es schon längst zu eng im Rahmen des „Projekts Neurussland“, und sie verlangen von Kreml, das „Projekt Großrussland“ zu starten.
Aber Kreml hat es nicht eilig, das gehörte gar nicht zu seinen ursprünglichen Plänen, ganz davon abgesehen, dass wenn diese Leute aus der „Diele“ in die gute Stube kommen, werden viele, die jetzt in der Stube sind, überflüssig sein, unter ihnen vielleicht auch der Herrscher des Kremls.
Wer braucht den „russischen Maidan“?
Jetzt passiert alles, was viele schon vor einem Jahr vorausgesagt haben, als alles angefangen hat. Putin ist nicht bereit, so weit und so schnell zu gehen, wie die extrem reaktionären Kräfte es wünschen, die er aufgeweckt und in den politischen Prozess einbezogen hat, um die „politische Stabilität“, sprich‘- seine Macht, zu erhalten.
Mit jedem Tag wird die Distanz zwischen Putin und diesen Kräften wachsen. Entsprechend wird auch der Wunsch dieser Kräfte wachsen, den Kreml anzutreiben, ihn dazu zu zwingen, mit ihnen im gleichen Schritt zu gehen. Und wenn jemand glaubt, dass die Menschen, auf deren Schultern die Last dieses schmutzigen und blutigen Krieges gelegt wurde, die widerspruchslos seine militärische, organisatorische und propagandistische Umsetzung gewährleistet haben, leicht zu kontrollieren sind, der irrt sich gewaltig.
Diese Leute wollen nicht einfach ihren Machtanteil, sie wollen die Verwirklichung ihres Traumes, wenn nicht im Rahmen des Universums, so wenigstens im Rahmen Russlands. Ganz Russland soll ihrer Meinung nach zu Donbass werden, und jeder, der nicht dazu bereit ist, wird zu ihrem Gegner.
Putin ist noch nicht dazu bereit, und der Unmut wächst (sieh‘ die Evolution der Ansichten der „kleinen Spielfigur“ Girkin/Strelkow, was soll man denn sagen, wie es in den Köpfen der „Generäle“ dieses Krieges aussieht). Zusammen mit dem Unmut wächst auch der Wunsch, Putin in eine Lage zu bringen, in der er gezwungen sein wird, in die politische Hölle nicht nur gehen, sondern pfeilschnell zu laufen.
Es ist so gekommen, dass wenn es heute auch Kräfte gibt, die Interesse daran haben, dass in Russland der Maidan irgendeiner Art beginnt, so sind es keineswegs die Liberalen, Amerikaner oder sonstige „Saubermänner“. Maidan brauchen heute die Nationalisten-Monarchisten, um Putin zu den aktiven Maßnahmen zu bewegen, ihn zu zwingen das zu tun, was sie mit solcher Hoffnung von Janukowitsch erwarteten.
Die alte Geschichte in einer neuen Fassung
Wenn der Mord an Nemzow eine Provokation war (und alles deutet darauf hin), so war das eine Provokation vonseiten der Kräfte, die zum wichtigsten Verbündeten der Regierung im Kampf gegen die liberale Opposition geworden sind, die aber weder mit ihrer Machtstellung noch mit dem Tempo der konterrevolutionären Bewegung zufrieden sind.
Diese Kräfte sind daran interessiert, Massenausschreitungen zu provozieren, die zum jetzigen Zeitpunkt zum Scheitern verurteilt sind (da es in der Gesellschaft keine revolutionäre Stimmung gibt), die aber imstande sind, die erschrockene Regierung zur Verhärtung des Regimes zu bewegen.
Diese Kräfte beschränken sich nicht auf diverse ideologische Hysteriker, die die neue „russische Welt“ verkünden, sie haben immense Unterstützung innerhalb des Machtapparats, insbesondere innerhalb der Sicherheitskräfte. Sie alle brauchen den neuen 9. Januar, um den politischen Verfall des Regimes irreversibel zu machen.
Paradoxerweise sind diese Leute Opfer der Selbsthypnose geworden. Sie sind wohl die einzigen, die an eine „orange Bedrohung“ Russlands ernsthaft glauben und dem Kreml Angst davor einreden. Sie haben so lange darüber geschrien, dass sie inzwischen glauben, dass der kleinste Schub ausreicht, um Maidan auszulösen. Das ist die Folge davon, wenn die Psyche sich zu lange im „losgelösten Zustand“ befindet.
Sie haben so lange prophezeit, dass die Opposition ein „heiliges Opfer“ darbringen wird, dass sie des Wartens müde geworden sind. Allem Anschein nach hat jemand beschlossen, diese Opferung für die Opposition zu übernehmen, um eine Revolution für den endgültigen Sieg der Konterrevolution anzustoßen.
Den Rest kennt man eigentlich aus den Erfahrungen der Vergangenheit. Jemand beginnt, den unzuverlässigen Nemzow zu beschatten, jemand trägt die Ergebnisse der Beschattung den kriminellen Strukturen zu, jemand hilfsbereites findet die „richtigen“ Dreckskerle, und jemand gibt den Dreckskerlen Geld und Waffen. Das ist eine alte Geschichte in einer neuen Fassung, in einer noch blutigeren und tragischeren Fassung.
Quelle: Wladimir Pastuchow in novayagazeta.ru; übersetzt von Olena Köpnick
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2 Responses to “W.Pastuchow: Politische Rekonstruktion der Ermordung von Nemzow.”
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