Am 10. Oktober wurde in Straßburg die Herbstsitzung der Parlamentarischen Versammlung des Europarats eröffnet. Diese Sitzung versprach nichts Gutes für Russland trotz der Tatsache, dass während ihrer Eröffnung der Vorsitzende der Versammlung Pedro Agramunt über die Notwendigkeit sprach, die Vertreter der Russischen Föderation zur Vollversammlung zurückzuholen. Die internationale Freiwilligengemeinschaft InformNapalm zieht nun Parallelen zwischen der Situation auf der internationalen Arena und der Eskalation der russischen Aggression an den östlichen Grenzen der EU.
Ab dem ersten Tag der Herbstsitzung arbeiteten nicht nur die Diplomaten und Geheimdienste Russlands auf ein Resultat hin. Russische Medien warfen gemeinsam mit ihren Marionetten aus den terroristischen „D/LVR“-Truppen Mitteilungen über „Beschuss von Zivilisten durch ukrainische Streitkräfte“ und über die Opfer unter den Zivilisten in die Informationssphäre – bemüht, das alte Thema eines „inneren Konflikts in der Ukraine“ wieder anzukurbeln.
Der sogenannte „stellvertretende Kommandeur des operativen „DVR“-Kommandos“ Eduard Basurin veröffentlichte eine ganze Reihe an „Eilnachrichten“ auf seiner Facebook-Seite. Die Rhetorik war üblich: Durch die Beschüsse der ukrainischen Armee seien Wohnhäuser von Zivilisten zerstört und ältere Menschen verletzt worden.
Weiter wurde das Thema der Beschüsse von Sachanka und des „ukrainischen Bürgerkriegs“ in allen russischen Medien massiv aufgebauscht. Russische Luftlandetruppen-Veteranen kamen auch zu Wort. So schrieb am 11. Oktober der ominöse Oberst und Vorsitzender der „Regionen Abteilung des internationalen Fallschirmjäger-Vereins Russlands“ Walery Gratow:
„… Wer wird Sachanka verantworten? Ich habe mich im 8. Zentrum des FSB Russlands erkundigt. Habe gebeten die harte Position der russischen Luftlandetruppen-Veteranen und die Bereitschaft vieler unserer Kämpfer die Zivilisten zu beschützen an die Führung zu bringen. Mir wurde aber zu verstehen gegeben, dass diese Frage auf der internationalen Ebene entschieden wird und wegen der Probleme in Syrien uns zurzeit nicht geholfen werden kann. Was sollen denn die einfachen Menschen im Donbass tun? Warten, bis Russland einen guten Moment für einen neuen Sprung abwartet, wie es in Ilowajsk und Debalzewe gewesen war, oder selbst ihr Schicksal entscheiden? Wir sind auch selbst fähig zu kämpfen. Ein paar Panzerangriffe werden die Kiewer Junta zurückwerfen und diese Frage lösen. Wir haben genug Panzer an der vordersten Verteidigungslinie! Es ist Zeit, Alarm zu schlagen, die OSZE zu vertreiben und zu handeln! Wenn man zwischen Syrien und Donbass wählt, so wähle ich den Donbass und verzettele mich nicht in geopolitischen Ambitionen…“
Bereits am 12. Oktober wurde klar, dass Russland auf der internationalen Arena sang- und klanglos durchfällt. Weder die russischen Provokationen noch die darauffolgenden Informationsoperationen zum Thema „Innerer ukrainischer Konflikt“ haben irgendwelchen Erfolg gebracht.
- Am 11. Oktober 2016 teilte die Volksabgeordnete der Ukraine, Vorsitzende der ukrainischen Delegation bei der parlamentarischen NATO-Versammlung Irina Fryz mit, dass die ukrainische Delegation ihre europäischen Partner auf der Europarat-Versammlung über die Fakten der unmittelbaren Mitwirkung Russlands am Krieg im Donbass gegen die Ukraine informiert hat. Als Beweisbasis diente der Bericht von InformNapalm [Quelle].
- Am 12. Oktober 2016 schrieb der Volksabgeordnete der Ukraine, Vorsitzender der ukrainischen Delegation bei der parlamentarischen Versammlung des Europarates Volodymyr Arjew in seinem Facebook-Profil: „Lasst uns den Widerstand gegen den russischen Einfluss in der parlamentarischen Versammlung fortsetzen. Lasst uns die bemerkenswerte Faktenanalyse zur Präsenz der russischen Waffen in der Ukraine (von InformNapalm) verbreiten. Nur beständige und konsequente Arbeit mit Information kann die aggressive und bestens finanzierte russische Interventionslobby im Europarat zerschlagen. Schlagen wir die Lügen mit Fakten“ [Quelle].
- Am 12. Oktober teilte Irina Fryz mit, dass in Dnipro die Sitzung des interparlamentarischen Rates Ukraine-NATO stattfand. Den Mitgliedern der ausländischen Delegation wurde ebenfalls die Präsentation von InformNapalm gezeigt [Quelle].
Info zu unserem Bericht:
Der Bericht basiert auf Angaben aus den Untersuchungen, die zwischen Oktober 2014 und August 2016 von der internationalen Freiwilligengemeinschaft InformNapalm durchgeführt wurden und auf unserer Webseite erschienen sind. Für das Fazit wurden 44 Spezialuntersuchungen herangezogen, in denen 33 russische Waffensysteme identifiziert worden waren, die zur Verfügung der terroristischen Truppen im Raum der Kampfhandlungen im Donbass stehen.
Die meisten Waffensysteme, die im Bericht aufgeführt werden, sind relativ neue Modelle, die zwischen 2004 und 2015 in die Bewaffnung der russischen Streitkräfte aufgenommen wurden. Dieses Militärgerät wird in der Ukraine nicht hergestellt, ein Großteil davon wurde nie in die Ukraine exportiert und konnte somit nicht als eine Kampftrophäe durch den Gegner erbeutet werden.
PDF-Version des Berichts: 33 Waffensysteme Russlands im Donbass
Auf der parlamentarischen Versammlung wurden zwei Vorträge gehalten und zwei Resolutionen historischen Ausmaßes verabschiedet. Das sind die Berichte der deutschen Politikerin Marie Luise Beck und der tschechischen Abgeordneten Christina Selenkowaja zum Donbass. Der erste Vize-Sprecherin der ukrainischen Werchowna Rada Irina Geraschenko schrieb am 12. Oktober:
„Im Bericht „Politische Folgen der russischen Aggression in der Ukraine“ (SUPER WICHTIG: Der Titel des Berichts wurde geändert und der Konflikt im Donbass als russische Aggression anerkannt!) und im Bericht „Mittel des Rechtsschutzes in Fällen von Menschenrechtsverletzungen in den besetzten ukrainischen Territorien, die der Kontrolle der ukrainischen Regierung nicht unterstehen“ gibt es folgende Schlüsselmomente: Das ist ein russischer Krieg gegen die Ukraine, russische Truppen müssen aus der Ukraine abgezogen werden, Wahlen im Donbass sind unter den jetzigen Bedingungen unmöglich! Da es dort gefährlich ist. Die Wahlen sind entsprechend der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte ETS 9 nicht möglich. Russland trägt die volle Verantwortung für die besetzten Territorien, da es die Situation dort vollständig kontrolliert! Im Donbass und auf der Krim fand eine militärische Invasion statt! Und die sogenannten „LVR“ und „DVR“ sind von Russland erschaffen worden, werden durch Russland unterstützt und sind nicht legitim“.
Russlands Niederlage auf der internationalen Arena mündete traditionell in einer eigentümlichen Rache in Form einer Verschärfung an der Front.
Zum Abend des 12. Oktober haben russische Besatzungstruppen das Dorf Wodjanoje nahe Mariupol aus 152 mm Panzerhaubitzen beschossen. Der Angriff hat einen Brand ausgelöst, mehrere Häuser sind schwer beschädigt worden.
Simultan begannen auch Kämpfe und Beschüsse im Raum von Schyrokyne. Eine genaue und wahrheitsgetreue Karte für den 12. Oktober finden Sie beim Service Infolight.
Die Gruppe „Informationswiderstand“ veröffentlichte eine detaillierte Analyse des Geschehens an der Front:
„Im Laufe der letzten 24 Stunden nahmen russische Okkupanten im Abschnitt zwischen Pawlopol und Schyrokyne die vordersten Stellungen der ukrainischen Streitkräfte aktiv unter Beschuss, sowie einige Objekte und Ortschaften in ihrem taktischen Hinterland, wobei sie verschiedenste Feuermittel einsetzten, inklusive von 122mm-Geschützen und Raketenartillerie. Ferner setzten die Besatzer in diesem Abschnitt 82mm- und 120mm-Mörser ein… Die Feuerangriffe und Beschüsse wiesen einen deutlich provokativen Charakter auf und verfolgten gleich mehrere Ziele. Beispielhaft in diesem Zusammenhang sind jene Abschnitte, die die Söldner unter massiven Beschuss nahmen, darunter auch mittels Artilleriesystemen… Das sind hauptsächlich Stützpunkte der ukrainischen Streitkräfte und Dörfer auf beiden Seiten (aus drei Seiten) der Hauptversorgungswege in diesem Raum (Verkehrsstraßen E58 (Nowoasowsk-Odessa) und Mariupol-Telmanowe), sowie Stellen, an denen sich temporäre oder permanente Posten der OSZE-Beobachter befinden oder befinden sollten… Es wurde der Einsatz von folgenden Waffensystemen registriert: 122mm-Panzerhaubitzen 2S1 „Gwosdika“, 122mm-Raketenartilleriesysteme BM-21 „Grad“, gezogene Haubitzen 2A18 D-30/D-30A, 82mm-Mörser 2B14 „Podnos“ und 2B9 „Wasiljok“ (automatische Variante), 120mm-Mörser 2S12 „Sani“ etc.“
Die Situationsverschärfung und Konflikteskalation waren relativ vorhersagbar – es war offensichtlich, dass Russland sich darauf vorbereitete. Allein im letzten Monat wurde eine bedeutende Anzahl von Schwerbewaffnung und Militärgerät der russischen Besatzungstruppen registriert, die den IBFs (illegale bewaffnete Formationen) im Donbass zugewiesen wurden. Die freiwillige Luftaufklärung registriert immer öfter ganze Artilleriedivisionen des Gegners und stellt stichfeste Beweise für die Verletzung der Bedingungen des Abzugs von schweren Waffen entsprechend dem Minsker Abkommen bereit.
So hat die freiwillige Luftaufklärung Ende September das Vorhandensein von zumindest 8 Einheiten 122mm-Panzerhaubitzen 2S1 „Gwosdika“ nahe Nowoasowsk registriert, in unmittelbarer Nähe zu dem Gebiet, in dem gerade eine Situationsverschärfung zu beobachten ist und das ukrainische Territorium permanent unter Beschuss genommen wird, darunter aus 122mm-Geschützen.
Man sollte eine ähnliche Lageverschärfung auch in den anderen Abschnitten erwarten, da allein in den letzten 2 Wochen InformNapalm auf den bereitgestellten Luftaufnahmen 5 große Konzentrationsstellen der Waffen russischer Besatzungstruppen im Donbass identifiziert hat.
- Starke Panzer- und Panzerhaubitzen-Konzentration in Donezk in nur 15 km Entfernung von der Demarkationslinie.
- Panzer in Rasdolnoje, in 10 km Entfernung von der Demarkationslinie.
- 122mm-Panzerhaubitzen 2S1 „Gwosdika“ in Nowoasowsk, in 17 km Entfernung von der Demarkationslinie
- Eine ganze Artilleriedivision auf einem offenen Platz in Wrubowski
- Panzer in Horliwka, 14 km entfernt von der Demarkationslinie
Kein Minsker Abkommen oder andere internationale Abmachungen können den Aggressor befrieden. Nur eine harte konsolidierte Position der ganzen Weltgemeinschaft, wirtschaftlicher Druck und die Aufhebung des Vetorechts Russlands im UN-Sicherheitsrat können die Situation beeinflussen.
Der auf der Herbstsitzung der Parlamentarischen Versammlung des Europarats von der ukrainischen Delegation präsentierte InformNapalm-Bericht „33 moderne russische Waffensysteme im Donbass“ gibt eine genaue Vorstellung davon, wie Russland die terroristischen Kräfte im Donbass systematisch mit modernem Militärgerät beliefert hat und weiterhin beliefert, sowie eigene Berufssoldaten in den Donbass entsendet, die diese Waffensysteme bedienen können.
In diesem Zusammenhang benötigt die Ukraine nicht nur wirtschaftliche, sondern auch militärische Hilfe seitens der Weltgemeinschaft. Moderne letale und nichtletale Waffensysteme, die in die Bewaffnung der Streitkräfte und Nationalgarde der Ukraine aufgenommen werden, können zu einem bedeutenden Hemmungsfaktor für die Ambitionen des Kremls werden, seine schleichende Okkupation des ukrainischen Territoriums fortzusetzen und die Situation an den östlichen Grenzen der EU und NATO zu destabilisieren.
Dieses Material wurde von Roman Burko für InformNapalm vorbereitet; übersetzt von Irina Schlegel. Beim Nachdruck und Verwenden des Materials ist ein Hinweis auf unsere Ressource erforderlich.
CC BY 4.0
Wir rufen unsere Leser dazu auf, unsere Publikationen aktiver in den sozialen Netzwerken zu verbreiten. Das Verbreiten der Untersuchungen in der Öffentlichkeit kann den Verlauf von Informationskampagnen und Kampfhandlungen tatsächlich brechen.
5 Responses to “Misslungene Provokationen Russlands im Donbass und InformNapalm-Bericht auf der Herbstsitzung der PACE”
28/11/2016
InformNapalm zum Bericht der ukrainischen Staatsanwaltschaft über russische Truppenverbände auf der Krim - InformNapalm.org (Deutsch)[…] und auf der Krim eingesetzten Truppenverbände und Bewaffnung Russlands festgehalten wurden, wurde auf der herbstlichen PACE-Versammlung und auf der parlamentarischen NATO-Versammlung […]
14/01/2017
Hinter den Kulissen der Kremlpropaganda: Wie die Watnike versuchen, InformNapalm zu diskreditieren - InformNapalm.org (Deutsch)[…] Die von InformNapalm vorbereiteten Vorträge mit Beweisen der russischen Aggression gegen die Ukraine wurden während der Herbsttagung der Parlamentarischen Versammlung des Europarates und bei der Parlamentarischen Versammlung der NATO in Istanbul präsentiert, sie wurden auch des Öfteren hochrangigen internationalen Funktionären vorgeführt, unter anderem wurden sie an die Bundeskanzlerin Angela Merkel persönlich im Laufe eines diplomatischen Treffens übergeben. […]
09/03/2017
Gerichtsverhandlung in Den Haag: Russische Erklärungen über die "Waffen in den Donbass-Bergwerken" vs. InformNapalm-Untersuchungen - InformNapalm.org (Deutsch)[…] und andere Materialien von InformNapalm wurden von der ukrainischen Delegation erfolgreich bei der Herbstsitzung der PACE sowie bei der parlamentarischen Versammlung der NATO […]
30/03/2017
Russische Atomangriff-Simulationen, Alaska und US-Waffen für die Ukraine - InformNapalm.org (Deutsch)[…] 2016 präsentierte die ukrainische Delegation bei der PACE-Sitzung sowie auf der parlamentarischen NATO-Versammlung ein Unterlagenpaket mit Beweisen für die […]
20/04/2017
Den Haag: Vorläufige Entscheidung des Internationalen Gerichtshofs im Fall Ukraine gegen Russland - InformNapalm.org (Deutsch)[…] Die Frage ist halt, ob modernste Waffensysteme, die erst kürzlich in den Dienst der russischen Armee gestellt wurden, nicht als „Vermögenswerte“ (laut der Definition der Terrorismusförderung) gelten können, die auch nicht ein Oligarch liefern kann, sondern allein der Staat und sein Verteidigungsministerium. Die Entsendung von regulären Militärangehörigen Russlands in den Donbass zwecks Ausbildung und Bedienung von aufwendigen modernen Waffensystemen kann wohl auch kaum anders als Terrorismusförderung verstanden werden. Als schwierig empfinde ich auch den Punkt „Beidseitige Einhaltung vom Minsker Abkommen in vollem Umfang„. Gut, das Minsker Abkommen kann auch nur Schritt für Schritt erfüllt werden, was bedeutet, dass zuallererst Russland seine Truppen aus dem Donbas abziehen muss. Russland wird aber also doch als eine Kriegspartei anerkannt – und wenn es eine Kriegspartei ist, dann aus welchem anderem Grund, als wegen eigenen regulären Soldaten und Waffen im Donbas? Das Vorhandensein der russischen Waffen im Donbas wurde übrigens noch im Oktober 2016 von der Parlamentarischen Versammlung des Europarates anerkannt. […]