Den Haag wartet auf die Panzerfahrer der russischen 136. Brigade aus Bujnaksk: Listen, Unterlagen, Einsatzbefehle (OSINT+HUMINT)

Vorwort. Über OSINT & HUMINT

1947 sagte der Vater der Aufklärungsanalyse, der CIA-Analytiker Sherman Kent, dass Politiker bei der Entscheidungsfindung in Friedenszeiten bis zu 80% ihrer Informationen aus offenen Quellen beziehen. Später, in den 1970ern, vermerkte der Leiter der Aufklärungsverwaltung im US-Verteidigungsministerium, Generalleutnant Samuel Wilson, dass 90% aller Aufklärungsangaben aus offenen Quellen stammen und nur 10% auf Grund der Arbeit der Agentur (HUMINT) gewonnen werden. In der modernen Welt, mit der Verbreitung des Internets, dem Anwachsen der Popularität sozialer Netzwerke und anderer Kommunikationsmittel kann man behaupten, dass circa 98-99% aller Aufklärungsinformationen aus offenen Quellen gesammelt werden können. Unbestreitbar sind Geheiminformationen meist wesentlich aussagekräftiger, wenn aber beide Methoden vereint werden, erhalten wir ein Instrument hocheffektiver Analytik.

InformNapalm startet eine neue Artikelreihe, in der zusammengefasste OSINT-Angaben präsentiert werden, die durch vertrauliche Informationen untermauert sind, die den Computersystemen des Stabsleiters des Aufklärungsbataillons der 136. selbstständigen motorisierten Schützenbrigade der Streitkräfte Russlands (Militäreinheit 63354) entnommen wurden. Der vertrauliche Teil unserer Informationen in der vereinigten Analyse wurde InformNapalm von den Hacktivisten der UCA (Ukrainische Cyberallianz) zur Verfügung gestellt.  

Quelle vertraulicher Informationen

Oleg Wladimirowitsch Doroschenko, geb. 27.10.1984. Mitte 2014 bekleidete er den Dienstposten des Stabsleiters im Aufklärungsbataillon der 136. SMSBr der Streitkräfte Russlands (Einheit 63354) im Rang eines Kapitäns der SK Russlands.

Er wurde zu einem Subjekt der Untersuchung von UCA-Hacktivisten nach seinem Aufenthalt im Donbas, wo er vom Computer des Leiters der Aufklärungsverwaltung des 2. Armeekorps terroristischer Organisation „DVR“ sein E-Mail-Account besuchte. Im Donbass befand er sich vermutlich in der Zeit zwischen Herbst 2014 und Winter 2015.

  • Genaue Angaben zu Oleg Doroschenko


Welche Geheimnisse hat der Hauptmann Doroschenko gelüftet?

Eine urkundliche Bestätigung wurde gefunden, derzufolge Militärangehörige aus dem russischen Bujnaksk (Militäreinheit 63354) im August 2014 zur Grenze mit der Ukraine verlegt wurden, insbesondere in die Ortschaft Popowka (Kamenski Bezirk des Rostower Gebiets Russlands), die nur 18 Km von Iswaryne (eine Grenzübergangsstelle im Sorokyno/ehem.Krasnodon-Bezirk, Luhansker Gebiet, Ukraine) entfernt liegt.

Die offiziellen Anordnungen, die Doroschenko bei sich aufbewahrte, enthalten Anweisungen über die Ankunft und Abreise (Truppenübungsplätze, Dienstreisen, Krankenhäuser, Urlaub) der Militärangehörigen. Die Verlegung nach Popowka fand dabei statt auf Grund des Einsatzbefehls des Stabsleiters der Militäreinheit 47084 Nr. 015 vom 12.08.2014.

Unter der Nummer dieser Einheit ist die Verwaltung der 58. Armee des Heeres des Südlichen Militärbezirks Russlands (Wladikawkas, Nordossetien-Alanien) registriert. Ihr Kommandeur war zum damaligen Zeitpunkt Andrej Wiktorowitsch Gurulew. Wir möchten daran erinnern, dass gegen Gurulew strafrechtliche Ermittlungen der Generalstaatsanwaltschaft der Ukraine zur Feststellung des Sachverhalts eines Verbrechens gegen die Grundlagen der Nationalen Sicherheit der Ukraine eingeleitet wurden.

Bei der Dienstreise der Militärangehörigen aus Bujnaksk war der Kommandeur der Einheit 63354 Gardeoberst Michail Borisowitsch Lebedko, persönlich anwesend und leitete die Reise, was durch den Einsatzbefehl für den taktischen Truppenteil Nr. 198 vom 23.08.14 (befristet bis zum 06.09.2014) bestätigt wird.

Dokumente zur Einsichtnahme:

 

  • Persönliche Angaben von Michail Lebedko

Gründe für die Verlegung der Streitkräfte Russlands in die Ukraine

August 2014 blieb in Erinnerung mit schweren Kämpfen, die zur einer vollständigen Niederlage der Bandenformationen russischer Söldner führen konnten. In jenem Monat fanden im Raum des Luhansker Flughafens Kämpfe statt. Das ukrainische Militär verfügte über genug Kräfte, um zur Staatsgrenze der Ukraine vorzustoßen und sie für russische Kolonnen mit Militärgerät und Munition zu schließen. Nicht verwunderlich ist darum die Tatsache, dass das russische Kommando beschloss, große Kräfte in Form von Kampfgruppen in Brigadestärke aus verschiedenen Truppenverbänden zur Unterstützung der Terroristen zu entsenden.

Aus dem gehackten E-Mail-Account von Doroschenko hat InformNapalm Angaben darüber erhalten, dass die Anzahl der Militärangehörigen aus Bujnaksk im an die Ukraine angrenzenden Ort Popowka (Kamenski Bezirk, Russland) 500 Menschen betrug und aus Aufklärern, Panzerfahrern, Artilleristen und anderen bestand. In den Befehlen der Militäreinheit aus der Zeit zwischen Sommer und Herbst 2014 wird der Begriff „Dienstreise“ in einer neuen Form präsentiert: „Aufgabenlösung im Bestand der Kräftegruppierung „Süden“ auf dem Territorium des Gebiets Rostow“. Der Grund dafür war, wie wir oben bereits erwähnten, ein Einsatzbefehl, und in einigen Fällen Fernschreibmeldungen des Stabsleiters der 58. Armee. Gerade dieser Begriff erscheint in den Unterlagen zu den von uns in der Ukraine aufgedeckten russischen Militärangehörigen aus Bujnaksk.

Unter den Anordnungen wird ein weiterer Einsatzbefehl des Kommandeurs der 58. Armee erwähnt, Nr. 10 vom 10.08.2008. Darin wird die Formulierung „Ausführung einer Kampfaufgabe in der Republik Südossetien zur Nötigung der Republik Georgien zwecks Befriedung“. Das spricht ein weiteres Mal dafür, dass die Anordnungen  Einsatzcharakter hatten und keine Trainingsaufgaben waren.

Die Militärangehörigen der 136. SMSBr nahmen entsprechend den Einsatzbefehlen ihre Kampfaufgaben ab den angegebenen Daten und in entsprechenden Kategorien innerhalb der Kräftegruppierung „Süd“ in Angriff:

  • 25.07.2014 – Logistik-Bataillon;
  • 02.08.2014 – Fernmelder;
  • 16.08.2014 – Artilleristen;
  • 17.08.2014 – Panzertruppe.

Diese Publikation ist die erste in unserer Artikelreihe. Ihr wird die Pubikmachung von vollständigen Listen der Militärangehörigen der 136. SMSBr folgen, mit Informationen über bei der Ausführung von Kampfaufgaben infolge des Einsatzbefehls des Kommandos des Südlichen Militärbezirks Russlands Ausgezeichnete und Gefallene. Interessanterweise figurierten viele Namen aus diesen Listen bereits in verschiedenen OSINT-Untersuchungen oder einzelnen Medienberichten, was die Beweisbasis der Kriegsverbrechen Russlands ein weiteres Mal ergänzt.

Weiter unten führen wir die Liste der Panzerfahrer an, die auf den Einsatzbefehl Nr. 190 vom 15.08.2014 hin im Bestand der Kräftegruppierung „Süden“ ins Gebiet Rostow entsandt wurden. In der Tabelle wird eine Detailbeschreibung unter Angabe des sozialen Netzwerkprofils des jeweiligen Militärangehörigen, seiner persönlichen Nummer (die in den Befehlen zur Dienstanstellung angeführt war), seines Dienstranges und genauer Dienststelle durchgeführt. Auch werden Links zu OSINT-Untersuchungen angegeben, in denen der jeweilige Militärangehörige im Kontext der russischen Invasion in die Ukraine oder aber in Verbindung mit Auszeichungen für Kampfverdienste zu Friedenszeiten erwähnt wurde.

Weiter unten führen wir die Verbindungen zwischen den VK-Profilen der Panzerfahrer der 136. SMSBr (rote Punkte) an, die gemeinsame Freunde haben (schwarze Punkte). In der rechten Spalte wurden Namen, Nachnamen und ID festgehalten. Hier können Sie eine Seite mit dem Netzwerk der sozialen Verbindungen der Militärangehörigen einsehen, die exklusiv für InformNapalm-Leser zusammengestellt wurde. Links in der Suchleiste kann man den Namen eines konkreten Militärangehörigen angeben und herausfinden, mit wem er über Netzwerke verbunden ist.

Dank der Informationen aus den Anordnungen zur Entsendung von Panzerfahrern aus Bujnaksk in die an die Ukraine angrenzende Region von 2014, haben wir nicht nur die früher von uns bereitgestellten Information belegen können, sondern auch die restlichen für ihre Teilnahme am Krieg gegen die Ukraine ausgezeichneten russischen Militärangehörigen gefunden:

  1. Alexander Witaljewitsch Wasiljew, Kommandeur des 1. Panzerzugs der 2. Panzerkompanie des Panzerbataillons. Ausgezeichnet mit dem Tapferkeitsorden;
  2. Maxim Witaljewitsch Brodnikow, Panzerführer des 1. Panzerzugs der 1. Panzerkompanie. Ausgezeichnet mit der Suworow-Medaille;
  3. Ewgenij Iwanowitsch Tschubarew, Panzerführer des 2. Zugs der 1. Panzerkompanie des Panzerbataillons. Ausgezeichnet mit der Suworow-Medaille;
  4. Denis Michajlowitsch Ogorelkow, Panzerführer der 3. Panzerkompanie des Panzerbataillons. Ausgezeichnet mit der Suwurow-Medaille und mit der „Für Tapferkeit“-Medaille;
  5. Michail Michajlowitsch Busowski, Panzerführer des 2. Zugs der 3. Panzerkompanie des Panzerbataillons. Ausgezeichnet mit der Medaille „Für Tapferkeit“;
  6. Gennady Wladimirowitsch Segeda, Obermechaniker und Fahrer der Führungsabteilung des Fenmeldezugs des Panzerbataillons. Ebenfalls ausgezeichnet;
  7. Prokopij Prokopjewitsch Kobjakow, Mechaniker des 3. Zugs der 1. Panzerkompanie des Panzerbataillons. Ausgezeichnet mit der Suworow-Medaille;
  8. Dmitry Andrejewitsch Sajzew, Panzerkommandeur des 1. Zugs der 1. Panzerkompanie des Panzerbataillons. Ausgezeichnet mit der Medaille „Für Tapferkeit“;
  9. Sergei Walerjewitsch Tischankin, Obermechaniker des 2. Zugs der 1. Panzerkompanie des Panzerbataillons. Ausgezeichnet mit der Medaille „Für Tapferkeit“;
  10. Nikolay Nikolajewitsch Sagumennow, Mechaniker-Fahrer des 1. Panzerzugs der 2. Panzerkompanie des Panzerbataillons. Nach Angaben russischer Medien mit der „Suworow-Medaille ausgezeichnet.

Des Weiteren sind in der Tabelle auch Angaben über den russischen Militärangehörigen Witaly Weniaminowitsch Marakasow angeführt, der im Donbas gern Selfies macht. Seine Fotos der russischen Invasion ins Luhansker Gebiet mit den Panzern T-90A sind zum Gegenstand von einigen OSINT-Untersuchugen von InformNapalm geworden.

Dank den geheimen Befehlen wurde auch die genaue Dienststellung von Marakasow bestimmt: Grenadier der 3. motorisierten Schützenabteilung des 3. Schützenzugs der 7. Schützenkompanie beim 3. motorisierten Schützenbataillon der 136. SMSBr der Streitkräfte Russlands. Soweit bekannt sind in der Tabelle auch diejenigen aufgelistet, die das Video der Invasion mit russischen Panzern T-90A im Raum der Ortschaft Nowoswetlowka (Luhansker Gebiet) veröffentlicht hatten (Das Video wurde vom Blogger Askai in einem sozialen Netzwerk gefunden).

Somit haben wir Informationen zu 73 Militärangehörigen des Panzerbataillons der Militäreinheit 63354 gesammelt, darunter 26 „Medaillen-Träger“.

„Grus-200“ aus Donbas

Ausgehend von den Angaben in den Befehlen, die Doroschenko aufbewahrt hat, ist nun zuverlässig bekannt, dass nach der Ausführung der Kampfaufgaben der Gruppierung „Süd“ bei weitem nicht alle Soldaten zu ihrer Militäreinheit zurückgekehrt waren. Wie InformNapalm in der vorigen Publikation vermerkte, war bisher nur der Tod des Panzerkommandeurs des Führungspanzers der 1. Panzerkompanie des Panzerbataillons bekannt geworden: Alexander Igorewitsch Wedernikow (EX-763258, 30.06.1993), der auch im Befehl Nr. 190 vom 15.08.2014 über die Gruppenentsendung ins grenznahe Popowka am 17.08.2014 erwähnt wird. Aufgrund eines anderen Befehls des Kommandeurs der Militäreinheit 63354, Nr 235 vom 1.10.2014, wurde A. Wedernikow, sowie ein weiterer Militärangehöriger namens Oleg Wiktorowitsch Kusnezow (X-261642), ab dem 2.09.2014 aus den Listen des Personalbestands der Militäreinheit 63354 gestrichen. Jegliche Form der Versorgung dieser beiden Soldaten wurde beendet (Befehl № 235 vom 01.10.2014 herunterladen).

  • Der Preis des Schweigegelds für die Familien

Somit haben die früher von uns bereitgestellten OSINT-Beweise für die Teilnahme der 136. SMSBr der Streitkräfte Russlands aus Bujnaksk an den Kampfhandlungen in der Ukraine eine urkundliche Bestätigung gefunden. Diese Materialien werden zum Bestandteil einer neuen Datenbank für zukünftige internationale, unserem Dafürhalten aber auch für innerrussische Gerichtsververfahren, sobald die Schilder an den Gräbern der sinnlos gefallenen russischen Soldaten zu sprechen beginnen.

Weiter unten finden Sie einen Link zum Dump der Korrespondenz von Doroschenko. Darin gibt es viele Informationen über die 136. Brigade, inklusive Personalbestand-Listen ihres selbstständigen Aufklärungsbataillons. Ausgenommen sind diejenigen Befehle, die von den Freiwilligen von InformNapalm noch analysiert und dem Publikum in unseren nächsten Publikationen präsentiert werden (Link zum Herunterladen des Dumps ohne die Befehle).


Dieses Material wurde von Victory Krm und Michail Kusnezow exklusiv für InformNapalm vorbereitet; übersetzt von Irina Schlegel; editiert von Klaus H.Walter. Beim Nachdruck und Verwenden des Materials ist ein Hinweis auf unsere Ressource erforderlich.

Die Angaben wurden von den Hackern der ukrainischen Cyberallianz exklusiv an InformNapalm zwecks Analyse und weiteren Veröffentlichung übergeben. Die Redaktion von InformNapalm trägt keine Verantwortung für die Erstquelle und die Herkunft der Angaben.

(Creative Commons — Attribution 4.0 International — CC BY 4.0 )

Wir rufen unsere Leser dazu auf, unsere Publikationen aktiver in den sozialen Netzwerken zu verbreiten. Das Verbreiten der Untersuchungen in der Öffentlichkeit kann den Verlauf von Informationskampagnen und Kampfhandlungen tatsächlich brechen.

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5 Responses to “Den Haag wartet auf die Panzerfahrer der russischen 136. Brigade aus Bujnaksk: Listen, Unterlagen, Einsatzbefehle (OSINT+HUMINT)”

  1. […] ② Den Haag wartet auf die Panzerfahrer der russischen 136. Brigade aus Bujnaksk […]

  2. […] ① Russiske påstander i Haag-domstolen om våpen i Donbass gruver avvist av fakta ② Den Haag wartet auf die Panzerfahrer der russischen 136. Brigade aus Bujnaksk […]

  3. […] nach der Veröffentlichung des ersten Teils der Untersuchung, in dem die Identifizierung von Panzerfahrern der 136. SMSBr der russischen Streitkräfte […]

  4. […] Die Art und Weise, auf die der Transport von Militärangehörigen des Panzerbataillons geschah, haben wir im vorhergehenden Artikel „Den Haag wartet auf die Panzerfahrer der russischen 136. Brigade aus Bujnaksk: Listen, Unterlagen, E…“ beschrieben. […]

  5. […] den Fotos von Panzerfahrern der 136. SMSbr, die im Bestand der Gruppierung „Süd“ in die Ukraine entsandt wurden, gibt es auch gemeinsame Fotos mit den Fallschirmjägern aus Pskow. Und eine bataillon-taktische […]

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