Die internationale Freiwilligengemeinschaft InformNapalm beleuchtet weiterhin Russlands militärische Aggression gegen Georgien von 2008 und wertet die darauffolgende Okkupation eines Teils des georgischen Gebiets aus, die bis zum heutigen Tage anhält. Infolge dessen, dass die Reaktion der internationalen Gemeinschaft auf den Beginn der russischen Expansion recht lasch ausfiel und die politische und militärische Führung Russlands für seine Verbrechen keine Strafe davontrug, gab das Syndrom der Straffreiheit dem Kreml eine carte blanche für neue internationale Abenteuer, wie in der Ukraine so auch in Syrien.
Die von uns veröffentlichte Information basiert auf der Untersuchung des IDFI (Institute for Development of Freedom of Information) und zeigt die Resultate der militärischen Aggression Russlands gegen Georgien im Jahr 2008 auf, darunter auch die nach der Besetzung veränderten georgischen Grenzen bis zum Jahr 2015. Nach der bewaffneten Aggression Russlands, deren aktive Phase nur fünf Tage dauerte, werden hunderte Tote, tausende Verletzte und Betroffene und zehntausende aus ihren Häusern vertriebene georgische Staatsbürger gezählt. Das Material wird mit themenbezogenen Fotos aus dem Archiv von InformNapalm untermauert.
Die sogenannten „administrativen“ Grenzen der von Russland besetzten georgischen Gebiete verändern sich fortwährend. Der an der Grenze zur „Republik Südossetien“ aufgestellte Banner wird immer näher zu Georgiens zentraler Autobahn verschoben und immer mehr Gebiete landen auf der anderen Seite des Stacheldrahtes.
Nach der, vom Verteidigungsministerium Georgiens zur Verfügung gestellten Information, fand sich ein Teil der Dorfbewohner von Didi und Patara Khurvaleti auf okkupiertem Territorium wieder. Nach Informationen des georgischen Staatssicherheitsdienstes, die IDFI bereitgestellt wurden, fand sich ein Teil der Dorfbewohner von Gugutiantkari, nach einer weiteren Grenzverschiebung im Jahr 2013, ebenfalls auf besetztem Gebiet wieder. Nach Medienangaben wurden die Dörfer Zardiantkari und Gogoeti durch Stacheldraht geteilt und zum Teil auch die Dörfer Dvani, Ditsi, Tsitsigiantkari, Jariasheni, Adzvi und Kveshi. Im Jahr 2015 ist das Dorf Jariasheni praktisch vollständig besetzt.
Nach der in den Medien verbreiteten Information, stellen russische Okkupanten die zur Sowjetzeit existierenden „administrativen Grenzen“ des sogenannten „Südossetien“ wieder her. Nach russischem Plan wird die Grenze das Dorf Kiripala teilen und die „Baku-Supsa“ Erdöl-Pipeline landet jenseits des Stacheldrahts.
Das Ackerland einer ganzen Reihe von Dörfern ist besetzt, während die Bevölkerung auf dem von Georgien kontrollierten Gebiet lebt. Es besteht jedoch die Möglichkeit, dass infolge der „schleichenden Okkupation“ diese Ortschaften vollständig unter die Kontrolle der separatistischen Behörden geraten. Sieht man sich die Karten bei Google an, kann man erkennen, dass sich in unmittelbarer Nähe des Stacheldrahtes die Dörfer Zemo Nikozi, Ergneti, Ditsi, Mejvriskhevi, Plavismani, Tsitelubani, Karapila, Saribari, Tvaurebi und Avlevi befinden.
Das Institute for Development of Freedom of Information (IDFI) beschloss herauszufinden, wie viele von Georgien kontrollierten Territorien sich zusätzlich außerhalb der staatlichen Grenzen nach dem Krieg 2008 wiederfinden könnten und auf welche Weise sich die „schleichende Okkupation“ abspielt, die von der ossetisch-separatistischen Führung (tatsächlich jedoch durch die Macht und die Mittel der russischen Invasoren) vorangetrieben wird.
Um diese Information zu erhalten, wandte sich das IDFI an die Administration der georgischen Regierung, das Innenministerium, den Nationalen Sicherheitsrat, den Nationalen Sicherheitsdienst und an den Rat des Krisenmanagements. Als Antwort auf den verschickten Brief hat die Staatsverwaltung die Anfrage an den Rat des Krisenmanagements, das Verteidigungsministerium und an das Justizministerium weitergeleitet. Der Rat des Krisenmanagements wiederum bat den Nationalen Sicherheitsdienst, diese Information offen zu legen. Ihre Anträge haben auch das Justiz- und Innenministerium weitergeleitet.
Der Staatssicherheitsdienst seinerseits legte eine Liste mit nur drei Dörfern vor, die nicht vom Staat kontrolliert werden.
Der Rat der Nationalen Sicherheit wies lediglich auf den zweiten Absatz des Gesetzes über „Okkupierte Territorien“ hin, in dem ihre Definition festgehalten ist. Das IDFI wandte sich erneut an diese Behörde, mit dem Ergebnis, dass es nur einen Teil der anforderten Daten erhielt.
Nur Georgiens Verteidigungsministerium erteilte eine detaillierte Auskunft, die weiter unten eingesehen werden kann.
Ehemaliges Südossetisches Autonomes Gebiet – Region Zchinwali von Georgien
- – 1992, am Ende des bewaffneten Konflikts und unter Mitwirkung der Russischen Föderation (darunter die „Friedenstruppen“) sind folgende Teile dieser Region unter die Kontrolle der ossetischen Separatisten gefallen;
- – ein großer Teil der Region Zchinwali und die Stadt Zchinwali selbst;
- – die Munizipalität Dschawa, mit dem Verwaltungszentrum Dschawa;
- – der Rayon Snaur mit dem Verwaltungszentrum Snauri.
Während dieser Zeit kontrollierte die georgische Regierung die Munizipalität Achalgori (mit Ausnahme von fünf ossetischen Dörfern – Tsinagori, Oduleti, Dzukata, Orchosani und Abrevi), die nördlich und östlich von Zchinwali in den Bergschluchten des Großen Liachwi und des Kleinen Liachwi gelegenen Dörfer sowie sechs zum Rayon Snaur zählende Dörfer. Darüber hinaus stand der Norden der Munizipalität Dschawa, wo sich der Mamison Pass und seine umliegenden Gebiete befinden, unter georgischer Rechtshoheit.
– Nach Russlands militärischer Aggression gegen Georgien im Jahr 2008, wurden Vertreter staatlicher Behörden und ein großer Teil ethnischer Georgier aus den Ortschaften der ehemaligen autonomen Region Südossetien vertrieben und ihr Gebiet (darunter die Munizipalität Achalgori und der Mamison Pass) ist vollständig unter die Kontrolle ossetisch-separatistischer Kräfte (in Realität russischer Okkupanten) gefallen. Georgien verlor die Kontrolle über 135 Ortschaften, die größtenteils gemischten Typs waren – georgisch-ossetisch. Erwähnenswert ist, dass die Ortschaften, die nur von ethnischen Georgiern bevölkert waren, komplett zerstört wurden. Aus den gemischten Dörfern ist der georgische Bevölkerungsteil vertrieben worden.
Von ossetischen Separatisten und russischen Besatzungsmächten besetzte Gebiete:
Eine Liste von den ossetischen Separatisten und Russlands Besatzungsmächten besetzten Ortschaften nach der militärischen Aggression im Jahr 2008:
Dörfer im Rajon Snaur:
- 1. Avnevi 2. Nuli 3. Alibari 4. Tigva 5. Shindara 6. Nabakevi
Dörfer in der Region Zchinwali:
- 1. Kemerti 2. Kekhvi 3. Dzarsheni 4. Kurta 5. Zemo Achabeti 6. Kvemo Achabeti 7. Mamita 8. Kheiti 9. Tamaresheni 10. Prisi 11. Argvitsi 12. Berula 13. Eredvi 14. Ksusi 15. Vanati 16. Dzhordzhiani 17. Satskheneti 18. Biloti 19. Disevi
Das Verwaltungszentrum und die Dörfer der Munizipalität Achalgori:
- 1. Verwaltungszentrum Achalgori 2. Doliani 3. Ikoti 4. Mosabruni 5. Bazuani 6. Akhaldaba 7. Akhalsopeli 8. Akhmaji 9. Bejanaantkari 10. Garubani 11. Ereda 12. Vashlovani 13. Zemo Boli 14. Morbedaani 15. Kvemo Boli 16. Kanchaveti 17. Gdu 18. Boskelta 19. Zemo Gru 20. Tsikhissopeli 21. Tchandari 22. Doreatkari 23. Gavazi 24. Doguzaani 25. Velisa 26. Kara 27. Kutskhoveti 28. Sabarkleti 29. Tchkuneti 30. Dzangati 31. Kvemo Zakhori 32. Armazi 33. Velura 34. Zemo Zakhori 35. Zemo Tskhiloni 36. Zemo Tsiri 37. Zemo Tsolda 38. Zemo Tsubeni 39. Iketi 40. Nadaburi 41. Ukantsiri 42. Kvemo Tskhiloni 43. Kvemo Tsiri 44. Kvemo Tsilda 45. Kvemo Tsubeni 46. Kvitkiri 47. Kuloti 48. Shua Zakhori 49. Shua Tsiri 50. Shua Tsubeni 51. Chachamuri 52. Gezevreti 53. Korinta 54. Gudatsveri 55. Nakhidi 56. Sadzeguri Pirveli 57. Kvemo Alevi 58. Kurta 59. Kochiani 60. Shua Alevi 61. Tsirkoli 62. Kharkelani 63. Largvisi 64. Gareuti 65. Dabakneti 66. Dadianeti 67. Zodekhi 68. Tokhta 69. Martiani 70. Makhiareti 71. Mujukhi 72. Shvelieti 73. Ukanamkhari 74. Ukanubani 75. Kveldaba 76. Chitiani 77. Tskhvati 78. Kharbali 79. Khramistskali 80. Salbieri 81. Delkani 82. Nagomevi 83. Chorchani 84. Dzeglevi 85. Jvarisubani 86. Balaani 87. Eloiani 88. Tinikaani 89. Midelaani 90. Navikhevi 91. Okhiri 92. Pavliani 93. Kareltkari 94. Kenkaani 95. Chigoiani 96. Tsiptauri 97. Tchortchokhi 98. Khozueti 99. Gudita 100. Zemo Bagebi 101. Zemo Kure 102. Kitriuli 103. Monasteri 104. Mskhlebi 105. Kedigora 106. Kvemo Baghebi 107. Tsotaguri 108. Kodijvari 109. Mamulaani 110. Kvemo Gru
Von Russlands Grenzsoldaten und ossetischen Separatisten verwendete Karten
Zur Bestimmung sogenannter Grenzen der durch Russland besetzten georgischen Gebiete, verwenden Russlands Grenzsoldaten und separatistische Regime topografische Karten, die 1976-86 für den Generalstab der sowjetischen Luftstreitkräfte ausgestellt wurden (Maßstäbe 1:50 000 und 1:100 000).
Erwähnenswert ist, dass Russlands Besatzungskräfte und ossetische Separatisten Vorarbeiten für die Grenzbestimmungen der ehemaligen autonomen Republik Südossetien und ihrer nachfolgenden Demarkation durchgeführt haben:
– Erstens wurden topografische Karten verwendet, die zwischen 1976 und 1986 für den Generalstab der sowjetischen Luftstreitkräfte ausgestellt wurden, auf denen andere Grenzen Südossetiens eingezeichnet sind. Beispielsweise orientierte sich die russische Seite für die Grenzfestlegung auf dem Gebiet der Munizipalität Gori nach der Karte des Generalstabs der sowjetischen Luftstreitkräfte aus dem Jahr 1988, auf welcher die Grenzen gemäß dem Stand von 1984 gekennzeichnet sind;
– Zweitens verlor infolge von unvorhersehbaren Faktoren und durch das komplexe Relief Südossetiens während der Ziehung von sogenannten Grenzen und durch die durchgeführten Demarkationen von russischen Streitkräften und Separatisten, ein Teil der georgischen Bewohner das Recht das Gebiet zu nutzen, das jenseits des Stacheldrahtes landete.
Letztendlich verlor Georgien nach 2008 die Kontrolle über 151 Ortschaften – 135 in der Region Zchinwali, 16 im Kodori-Tal. Nichtsdestotrotz schreitet die „schleichende Okkupation“ voran und höchstwahrscheinlich werden die ossetischen Separatisten mit Russlands Unterstützung die sogenannte Grenzfestlegung nach der topografischen Karte des sowjetischen Generalstabs des Jahres 1988, mit der administrativen Grenze nach dem Stand von 1984, fortsetzen.
Weiteres themenbezogenes Material von InformNapalm über die russische Besetzung von Georgien:
- „Die Folgen der russischen militärischen Aggression gegen Georgien im Jahr 2008„
- „Russische Welt“: Russische Soldaten in Georgien 2008 (Video)„
- „Russische „Friedensstifter“ im Augustkrieg 2008„
- „08.08.08: Zum Jahrestag des Beginns des russischen Revanchismus„
- „Russische schleichende Okkupation in Georgien„
Das Material wurde von der georgischen Redaktion von InformNapalm basierend auf Informationen von damoukidebloba.com und des IDFI vorbereitet; übersetzt von Kateryna Matey.
(CC BY) Beim Nachdruck oder Verwenden des Materials ist ein Hinweis auf den Autor und unser Projekt erforderlich.
7 Responses to “Georgiens ausradierte Grenzen infolge der russischen Okkupation. Die Fortsetzung der schleichenden Aggression Russlands”
03/12/2015
Das Bekenntnis eines russischen Fallschirmjägers aus Pskow - InformNapalm.org (Deutsch)[…] Dabei wurden die Gebiete Samachablo und Abchasien besetzt sowie eine bis heute andauernde sogenannte schleichende Okkupation initiiert. Bei dem Konflikt wurden 408 georgische Staatsbürger getötet (davon waren 170 […]
05/12/2015
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31/08/2016
Schleichende Okkupation: Russische Besatzer bestehlen georgische Bauer - InformNapalm.org (Deutsch)[…] November 2015 veröffentlichte InformNapalm Angaben von IDFI (Institut für Entwicklung der Informationsfreiheit) zu den Territorien Georgiens, über die der […]
29/01/2017
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09/08/2017
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08/08/2018
08.08.08: Der Augustkrieg 8 Jahre später - InformNapalm (Deutsch)[…] „Georgiens ausradierte Grenzen infolge der russischen Okkupation. Die Fortsetzung der schleich… (vom 06.11.2015) […]